Mobilität der Fotowettbewerb
«Mobilität heute ‒ Mobilität morgen»
"Irgendwann wird es vielleicht wirklich möglich sein, in einer
Telefonkabine durch Raum und Zeit zu reisen! Ich hoffe es."
Ramona Dietrich
Wie wir uns morgen bewegen
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Knapp 40 Interessierte waren am 3. September mit dabei, als
ZHAW-Dozent Dr. Thomas Sauter-Servaes in den Räumlichkeiten
der Fachhochschule St. Gallen darlegte, wie sich die Mobilität in
den nächsten Jahren entwickeln könnte.
Das Auto, das wurde deutlich aufgezeigt, ist eine äusserst ineffiziente
Maschine: 25 % der eingesetzten Energie stehen als Nutzenergie
zur Verfügung (der Rest ist Abwärme). Der Nutzmodus
liegt bei 20 %, das heisst im Durchschnitt ist etwas mehr als einer,
der meist fünf vorhandenen Sitze genutzt. Die Nutzzeit, ein
weiterer wichtiger Faktor, liegt bei 5 %, so dass besser von „Stehzeug“
als von Fahrzeug gesprochen werden sollte. Und nicht weniger
bedeutend ist auch die Frage der Sicherheit: Auch hier ist in
absehbarer Zeit eine deutliche Steigerung möglich, wenn weniger
der Mensch und mehr das Auto lenkt und denkt. Zukünftige,
gemeinsam genutzte, elektrisch betriebene und selbstfahrende
Fahrzeuge können mit ganz anderen Werten aufwarten, wie die
nachstehende Tabelle zeigt.
Tabelle: Effizienzsteigerung beim Auto ist möglich
Nutzenergie Nutzmodus Nutzzeit
Auto heute 25 % 20 % 5 %
Auto morgen 95 % 55 % 20 %
Verbesserung Faktor 4 Faktor 3 Faktor 4
Die Automobilbranche ändert sich drastisch, denn die Digitalisierung
hat seit einiger Zeit auch die Autos erfasst. Aber nicht
nur die Automobilindustrie erfährt Veränderungen, sondern
genauso die Nutzerinnen und Nutzer, die dank zukünftiger und
zum Teil schon heute vorhandener Apps Fahrzeuge teilen und
nicht mehr selbst besitzen. Der Referent sprach von den «vier
apokalyptischen Reitern der Digitalisierung», zu denen er die
Firmen Google, Apple, Facebook und Amazon zählt. Durch diese
Unternehmen werde sich das Sharing
Potenzial massiv vergrössern.
Denn beim Auto dürfe es keinesfalls
sein wie bei der Bohrmaschine: Die
meisten haben eine, nutzen sie jedoch
nur während weniger Minuten
im Jahr. Wenn das Teilen von Autos
wirklich in dem von Herrn Sauter
aufgezeigten Masse realisiert wird,
dann hat das auch enorme Auswirkungen
auf den öffentlichen Verkehr.
Er zeigte dies mit deutlichen
Zahlen: 75 Prozent der Sitze in PKWs
sind während der Fahrt nicht benutzt.
Rechnet man das hoch, sind in
der Schweiz bis zu 16 Millionen Sitze
frei. Im öffentlichen Verkehr existieren lediglich 600’000 Sitze.
So könnten die Sitze aus dem motorisierten Individualverkehr
mit Hilfe von Software in einen «Quasi-ÖV» überführt werden.
Das gemeinsame Nutzen von Fahrzeugen wird dank selbstfahrender
Autos einfacher werden. Diese werden autonom zum
nächsten Ort fahren und von dort aus wiederum Mitfahrende
auf der Strecke ein- und ausladen. Tesla-Chef Elon Musk ging davon
aus, dass das autonome Fahrzeug bereits 2019 im Einsatz
stehen werde. Laut Sauter müssen wir noch ein paar Jahre länger
warten. Im Jahr 2030 werde unser Verkehr wirklich anders
aussehen, ebenso das Auto, das als «Microhome» zum fahrenden
Homeoffice werde.
Anscheinend gibt es zwei Visionen: Private Fahrzeuge werden
in einem Pool genutzt oder es gibt keine Privatautos mehr, sondern
nur noch «öffentliche» Pools, wo wir uns bedienen können.
Schon in naher Zukunft wird wohl «Mobilität as a Service» Alltag
werden. Bereits heute sind die grossen Technologiekonzerne
daran, sich dieses Geschäftsfeld zu erschliessen. In der Schweiz
sind Aktivitäten von SBB, Swisscom, Post in Zusammenarbeit mit
Google und Automobilherstellern festzustellen.
Thomas Sauter zeigte drei Aspekte der Veränderung auf:
1. Das Automobil vernetzt sich mit der Aussenwelt, es ist also
auch "connected".
2. Die Automobile erfahren immer weniger Unterscheidung
zwischen individueller und öffentlicher Nutzung, sie werden
also "collaborative".
3. Die zukünftigen selbstfahrenden, bestellbaren Roboter-Autos
ermöglichen anstelle der Lenk- neu eine Nutzzeit. Das
Automobil wird endlich "convenient".
Doch Sauter warnt: Der einfache Zugang zu Autos könne durchaus
dazu führen, dass wir noch mehr fahren. Die Menschen
werden vermutlich deutlich mobiler
werden. Dass durch den befürchteten
Mehrverkehr die möglichen Energieeinsparungen
gleich wieder zunichte
gemacht werden, ist leider durchaus
denkbar.
Eines wurde an diesem Abend klar: Wohin
uns unser Mobilitätsverhalten führt,
ist noch nicht genau vorhersehbar. Dass
es sich ändert, das ist jedoch gewiss.
Es ist deshalb besonders wichtig, dass
Änderungen immer auch kritisch begutachtet
werden und die Chancen, die
sich ergeben genutzt werden, den Gefahren
jedoch entsprechend entgegengewirkt
wird. Daniel Gerber
Bei uns noch nicht, aber in anderen Ländern bereits Realität:
Selbstfahrende Autos auf öffentlichen Strassen.
Hier im Bild Waymo’s vollständig selbstfahrender Jaguar
I-Pace electric SUV 4. (Bild von waymo.com)
/waymo.com