Input I – Persönliche Dimension
Dr. Marieke Born hält die Balance zwischen sich widersprechenden Zielen,
Wünschen und Bedürfnissen.
Psychologin, Forscherin, systemische Beraterin von Führungskräften und Teams
Haben wir wirklich eine Wahl? Bewusst entscheiden zwischen Deal or No Deal!
«Dieses eine Projekt noch… dann wird es weniger: …dann komme ich zur Ruhe, dann konsumiere ich
weniger, dann gelange ich zurück in die Balance.» Berufstätige beschäftigt dieses ewige Dilemma
seit Jahren. Sie fühlen sich gefangen zwischen dem Drive nach mehr Erfolg im Berufsalltag, mehr
Wertschöpfung, mehr Konsum, aber auch dem Bedürfnis nach mehr Erholung, mehr Weniger. Neu
ist die Vehemenz, mit der die Gesellschaft das «Mehr» in Frage stellt. Wofür das alles? Für wen das
alles? Die Welt gerät an ihre Grenzen, und die menschliche Psyche tut es auch. So fragt die allgemeine
Achtsamkeitswelle: Will ich nicht bewusster mit meinen individuellen «weichen» Bedürfnissen
umgehen – wie Ruhe, Erholung und Zuneigung? Das impliziert, wir hätten eine Wahl. Wir könnten
uns also wirklich entscheiden, ob wir ein Projekt pushen oder nicht. Wir könnten uns wirklich
entscheiden, weniger zu konsumieren, langsamer zu sein, uns Ruhe zu gönnen. Den Rush des
Lebens nicht auf dem Beifahrersitz geschehen zu lassen, sondern uns am Steuer wiederzufinden.
Input II – Was die Forschung sagt
Dr. Martina Kühne kennt Bedürfnisse und Wünsche in einer sich verändernden Welt.
Trend- und Zukunftsforscherin für namhafte Think Tanks und Organisationen,
Doktorin in Wirtschaftswissenschaften
Der nächste Luxus – Was uns in Zukunft lieb und teuer sein wird.
Luxus ist einer der am inflationärsten verwendeten Begriffe unserer Zeit. Doch was meinen wir
eigentlich, wenn wir Luxus sagen? Für den einen ist Luxus das Fünf-Sterne-Hotel, der nächste
versteht darunter eine Tasse sortenreinen Kaffee und für den dritten ist Luxus schlicht ein Nachmittag
Müssiggang im Liegestuhl. Dass sich die Vorstellung von Luxus über die Zeit verändert, ist an
sich noch nicht neu. Was als Luxus angesehen wird, war schon immer abhängig vom Zeitgeist und
davon, wie rar ein Gut war. Doch die Pandemie hat nicht nur die Weltwirtschaft, sondern auch
unsere Vorstellung von «echtem Luxus» auf den Kopf gestellt. Nach der Corona-Pandemie stellt sich
nun die entscheidende Frage, was von den neuen Luxusgütern wie Zeit, Entschleunigung und
Müssiggang bleibt. Höchste Zeit also für eine Bilanz und einen differenzierten Blick auf das, was uns
in Zukunft lieb und teuer sein wird.