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Freisinnige für die Umwelt
Was ist aus dem Umweltrat geworden?
Die kurz nach 1993 einsetzende Rezession hat den politischen
Fokus verschoben, so dass das Thema Nachhaltigkeit vorerst
eine verwaltungsinterne Angelegenheit blieb: in der Schweiz
bildete sich eine interdepartementale Arbeitsgruppe unter Federführung
des Amts für Raumentwicklung, das Strategien und
Monitoring (MONET) erarbeitete. Seit 2001 sind im Rahmen
des Förderprogramms „Nachhaltige Entwicklung“ über 400 lokale
Projekte unterstützt worden.
2012, mit der wirtschaftlichen Erholung, kam das Thema Nachhaltigkeit
auch in der Bevölkerung an. Nun werden die Konzepte
mit externen Akteuren in einem sogenannten Stakeholder-
Dialog erarbeitet. In der Bildung ist „Nachhaltige Entwicklung“
zu einem fixen Thema geworden und auch die Wirtschaft hat
angefangen, ihre Ziele im Hinblick auf Nachhaltigkeit zu definieren
und zu messen. Den Handlungsrahmen
bildet neu die „Agenda
2030 für nachhaltige Entwicklung“
und deren 17 Ziele (Sustainable Development
Goals), die bis 2030 von allen
UNO-Mitgliedstaaten erreicht werden
sollen. 169 Unterziele helfen den Ländern
und Firmen, ihre individuellen
Schwachstellen zu definieren und zu
verbessern.
Der Kanton St.Gallen hat zu diesem
Zweck ein Online-Tool erarbeitet: Gemeinden,
Ämter und private Institutionen
können konkrete Vorhaben
(Erlasse, Strategien und Umsetzungsvorhaben)
Roger Zahner, Zebra GmbH, St. Gallen
einer Nachhaltigkeitsbewertung
unterziehen. (ak)
Die Agenda21 in der Stadt St.Gallen
1998 beschloss der Stadtrat, an der Umsetzung der Lokalen
Agenda 21 teilzunehmen. Die Thematik wurde im gleichen Jahr
in einer von der Stadtverwaltung herausgegebenen Broschüre
aufgearbeitet, die auch auf nationaler Ebene Beachtung fand.
Das BUWAL liess sich von der St.Galler Publikation inspirieren,
als es die eigene Broschüre „Lokale Agenda 21 – für eine nachhaltige
Entwicklung der Schweiz“ erstellte.
Verschiedene Veranstaltungen und Massnahmenpakete wurden
durchgeführt. Am 20. November 2001 wurde von Stephan
Braun (FDP), Präsident der ULSG Regio St.Gallen, und weiteren
Unterzeichnern ein Postulat eingereicht, das den Stadtrat aufforderte,
darüber Bericht zu erstatten, wie er die Richtlinien der
Lokalen Agenda 21 konkretisieren könne und wie er diese Ziele
erreichen, überprüfen und diskutieren möchte. Am 7. Oktober
2003 nahm der Stadtrat Stellung: 20 Handlungsbereiche, in die
sechs Zielfelder Energie und Klimaschutz, Natur und Umwelt,
Standortattraktivität, Quartierentwicklung, Wohlbefinden und
Sicherheit, Integration gruppiert, wurden definiert. Sieben Trägerprojekte
sollten umgesetzt oder weiterentwickelt werden:
Label Energiestadt (erstmals im September 2003) / Begrüssung
und Einführung von Neuzuzügern / Wasserqualität Steinach /
Strassen als Begegnungsort / familienergänzende Betreuung / Sicherheit
und Sauberkeit / Indikatoren Nachhaltige Entwicklung.
2005 unterzeichnete die Stadt St.Gallen die Aalborg Commitments.
Diese Verpflichtungen wurden 2004 von der Europäischen
Kampagne Zukunftsbeständiger Städte und Gemeinden
verabschiedet. Deren Ziel war die nachhaltige Entwicklung von
Städten und Gemeinden in ganz Europa.
2017 hat der St.Galler Stadtrat schliesslich die „Vision 2030“
erarbeitet und im Frühling desselben Jahres die Legislaturziele
2017 bis 2020 verabschiedet. Es wurden neun strategische
Handlungsfelder (Kooperation, Smarte
Stadt, Gesellschaft, Lebensraum,
Kultur und Sport, Bildung, Wirtschaft
und Forschung, Mobilität, Umwelt)
festgelegt, welche durch den Leitsatz
„St.Gallen ist als lebenswerte, weltoffene,
ökologische und innovative Gemeinde
das wirtschaftliche, kulturelle
und gesellschaftliche Zentrum der Ostschweiz“
gewissermassen zusammengefasst
werden.
Eines der Legislaturziele aus dem
Handlungsfeld „Smarte Stadt“ ist das
Vorhandensein einer „vernetzten Infrastruktur
für Mobilität, Energie und
Kommunikation“. Wie diese Infrastruktur
aussehen könnte, zeigt die Wohnüberbauung
Sturzenegg am westlichen
Rand der Stadt St.Gallen. Die Wohnbaugenossenschaft
St.Gallen als Bauherrin hat drei neu gebaute Mehrfamilienhäuser
in Zusammenarbeit mit den St.Galler Stadtwerken mit den
Mitteln zur Verminderung des Energieverbrauchs und zur Steigerung
der Energieeffizienz ausgestattet. Konkret handelt es
sich um den Bau von zwei Blockheizkraftwerken zur Produktion
von Wärme und Strom, um die Installation von Fotovoltaik-Anlagen
auf den Dächern der Wohnsiedlung, um die Verwendung
von energieeffizienten Haushaltgeräten und um den Einbau
von Duschwannen mit Wärmerückgewinnung in den Häusern.
Kommunikationsfähige Strom-, Gas- und Wasserzähler liefern
Daten, die in nächster Zukunft eine Abstimmung der Energieerzeuger
und Energiespeichersysteme ermöglichen sollen.
Über eine App können die Mieterinnen und Mieter mit der
Verwaltung und untereinander kommunizieren. Ausserdem
können sie nachsehen, wie viel Strom, Wärme und Wasser sie
verbraucht haben. (ck)
1992/93, nach dem ersten Umweltgipfel in Rio, herrschte grosse
Aufbruchstimmung: Nachhaltigkeitsräte wurden gegründet,
die Agenda21 hätte die globalen Umweltziele auf lokaler Ebene
in der Bevölkerung verankern sollen. Die damalige UFS versuchte,
leider ohne Erfolg, im Kanton St.Gallen einen solchen
Rat zu etablieren. In der Stadt St.Gallen wurde die Agenda21
erfolgreich eingeführt.
Wie vernetzte Infrastruktur aussehen könnte, zeigt
die Wohnüberbauung Sturzenegg am westlichen
Rand der Stadt St.Gallen.