«Eigentlich dürfte es keinen
Gegensatz zwischen
den Anliegen der Landwirte
und denen der Umweltschützer
geben. Es ist doch
im ureigensten Interesse
des Landwirts, dass seine
Böden fruchtbar bleiben.»
Sarah Wiener, Europaparlamentarierin,
Gastronomin, Bäuerin,
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Von ökologischen Anders „land“-wirtschaften ist eine Forderung, die aktuell
angesichts der vielfältigen ökologischen und politischen Probleme
immer lauter wird. Der Wunsch von Konsumentinnen
und Konsumenten nach Nachhaltigkeit, Fairness und sozialer
Verantwortung, nach Authentizität des Essens und nach
Agrarökologie, das Konzept der Zukunft?
Die Umgestaltung der Landwirtschaft und der Ernährungssysteme
ist ein wichtiges Element zur Umsetzung der von der UNO
definierten Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development
Goals, SDG) der Agenda 2030. Eine nachhaltige Landwirtschaft
ist direkt oder indirekt notwendig, um alle 17 Nachhaltigkeitsziele
zu erreichen, insbesondere aber SDG 1 «Armut beenden»,
SDG 2 « Hunger beenden», SDG 12 «nachhaltiger Konsum und
Produktion» sowie SDG 15 «nachhaltige Landökosysteme».
Um die Notwendigkeit einer Umgestaltung zu verstehen, muss
man sich die globalen Herausforderungen der Landwirtschaft
vergegenwärtigen. Drei Herausforderungen und ihre Folgen
stehen dabei im Vordergrund:
• Mangelhafte Ernährung einer Mehrheit der Weltbevölkerung
und 820 Millionen von Hunger betroffene Menschen
– Ernährungsbedingte Erkrankungen als Folge von Mangelernährung
• Ausbeutung von Boden, Wasser und Luft durch eine nicht
nachhaltige Lebensmittelproduktion – Gravierender Verlust
der Biodiversität
• Landwirtschaft als wichtige Treiberin der weltweiten Zunahme
der Treibhausgase – 23 % dieser Treibhausgase werden
von der Landwirtschaft verursacht
Angesichts der aktuellen Situation
und künftiger Entwicklungen
ist eine grundlegende
Änderung bei Produktion,
Verarbeitung, Handel und
Konsum von Lebensmitteln
und gleichzeitig eine Verbesserung
der Lebensgrundlagen
der Bauern und allgemein der
in der Landwirtschaft Tätigen
notwendig. Es müssen Massnahmen
ergriffen werden,
um Lebensmittelabfälle zu
reduzieren, das Essverhalten zu
beeinflussen und den Wettbewerb
zwischen Lebensmitteln,
Futtermitteln und Kraftstoffen
zu verringern.
Innovationen und neue Technologien werden die effiziente
Nutzung von Ressourcen, Arbeitskräften und Betriebsmitteln
erhöhen, aber sie sollen auch dazu dienen, die Agrar- und
Ernährungssysteme weltweit nachhaltiger zu gestalten. Hier
kommt die Agrarökologie ins Spiel. Ihr Potenzial sollte ein besonderer
Schwerpunkt der Forschung und der politischen Interventionen
werden. Die Agrarökologie erfordert eine andere Art
der staatlichen Unterstützung, die über die Subventionierung
bestimmter Bereiche hinausgeht. Genau diesen Ansatz hatte
das AP22+, das im Herbst 2020 vom Parlament versenkte, neue
Agrarprogramm der Schweiz.
Was bedeutet Agrarökologie?
Der heute auf internationaler Ebene verwendete Begriff
Agrarökologie basiert auf 10 von der FAO (Welternährungsorganisation
der UNO) festgelegten Elementen. Agrarökologische
Systeme sind gekennzeichnet durch ökologische und soziale
Merkmale (z.B. Diversität, Recycling, Teilen von Wissen, Miteinbezug
von Ernährungstraditionen) und einem förderlichen
politischen und wirtschaftlichen Umfeld (z.B. Kreislaufwirtschaft).
Die Anwendung der Methoden der Agrarökologie führt
zu nachhaltigen und widerstandsfähigen Nahrungsmittelproduktionssystemen,
die Land- und Bodenqualität allmählich verbessern.
Die Agrobiodiversität spielt eine zentrale Rolle: Viele
agrarökologische Methoden basieren auf Agrobiodiversität,
und Agrarökologie stärkt ihrerseits die Biodiversität. Breit angelegte
Studien haben gezeigt, dass Agrarökologie global gesehen
betreffend Ernährungssicherung ein vergleichbares Niveau wie
die konventionelle Landwirtschaft erreichen kann.
Eine Reihe von bereits bestehenden Bewirtschaftungssystemen
kann als agrarökologisch eingestuft werden, so z.B. der biologische
Landbau, die Agrarforstwirtschaft (Kombination von
Bäumen oder Sträuchern mit Ackerkulturen und/oder Tierhaltung)
und die Permakultur (basierend auf der Beobachtung und
Nachahmung natürlicher Ökosysteme und Kreisläufe). Zahlreiche
Landwirte wenden bereits die eine oder andere agrarökologische
Methode an. Der biologische Landbau hat sich zu einem
globalen Referenzkonzept entwickelt. Bedeutende Labels in der
Schweiz sind IP-Suisse-Käfer, Bio-Knospe und Demeter. Gemeinsam
haben alle diese Formen der Landwirtschaft, dass sie in
klarem Kontrast (und meist auch Konflikt) zur konventionellen
Landwirtschaft stehen.
Auf label.info finden sich Informationen und Bewertungen zu verschiedensten Labels.
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