manchmal
umständlich, aber unumgänglich,
sagt der St.Galler Jugendarbeiter
Menno Labruyère. «Wenn wir
uns nicht damit befassen würden, wären
wir weit von unserer Zielgruppe
entfernt.»
Claudia Ammann erlebt das anders.
Sie arbeitet bei den Sozialen Diensten
St.Gallen und hat oft mit Personen zu
tun, die bereits Mühe damit bekunden,
ein Online-Formular auszufüllen.
«Digitalisierung kann in der Sozialen
Arbeit auch zu Ausgrenzung führen»,
sagt die Sozialarbeiterin. Exklusive
Folgen der Digitalisierung betreffen
laut Stefan Ribler vor allem eine ältere
Generation, die nicht mit dem Internet
aufgewachsen ist. Hier könne
es Aufgabe der Sozialen Arbeit sein,
diese Menschen mit auf den Weg zu
nehmen und ihnen aufzuzeigen, wie
sie sich die nötigen (Medien-)Kompetenzen
aneignen könnten.
Auf den Zug aufgesprungen
Stefan Ribler selbst hat im Umgang
mit der Digitalisierung eine Kehrtwende
gemacht, wie er erzählt. Als
er Anfang der 1980er-Jahre sein Studium
der Sozialpädagogik abgeschlossen
habe, sei an einer Abschlussveranstaltung
die Frage aufgetaucht, ob
nicht EDV – Elektronische Datenverarbeitung
– ins Curriculum aufgenommen
werden müsste. Da stand
Stefan Ribler auf und sagte in die
Runde: «Wir müssen doch nicht auf
jeden Zug aufspringen.» An diesen
Moment erinnere er sich, als wäre er
gestern gewesen, erzählt er und lacht.
Später erkannte er dann: «Wenn ich
mich mit diesem Thema nicht proaktiv
auseinandersetze,
kann ich es auch
nicht mitgestalten.» Und so entschied
er sich im Jahr 2000 für ein Masterstudium
in Social Informatics.
Auf Augenhöhe mitdiskutieren
18 Jahre später steht dieses Mitgestalten
Können für Stefan Ribler wieder
im Fokus. Er plädiert dafür, dass die
Soziale Arbeit eine aktive Rolle in der
Ausgestaltung von digitalen Entwicklungen
einnimmt: «Überlassen wir das
Feld nicht den anderen, sondern reden
wir auf Augenhöhe mit!» Das beginne
bereits bei der Ausbildung, findet
der Dozent. Die Digitalisierung
und ihre Schnittstellen in den Handlungsfeldern
der Sozialen Arbeit
müssten im Curriculum der Hochschulen
stärker verankert werden.
Für Menschen, die Unterstützung
brauchen, sieht Stefan Ribler in der
Digitalisierung viele Chancen, zum
Beispiel mehr Partizipationsmöglichkeiten,
Barrierefreiheit, erleichterte
Kommunikation. Mit dem Wandel
mitzugehen und trotzdem den Menschen
mit seinen Grundwerten an erster
Stelle zu behalten, – das sei die
Aufgabe der Sozialen Arbeit.
EINTAUCHEN IN
ERLEBNISWELTEN
Das eigene Erfahren und Erleben
ist für den Sozialpädagogen
und Sozialinformatiker Stefan
Ribler Voraussetzung dafür,
die Möglichkeiten und Risiken
der digitalen Transformation in
der Sozialen Arbeit einschätzen
zu können. Aus diesem Grund
laden er und das Organisationsteam
der Bodenseetagung dazu
ein, am 28. November in digitale
Erlebniswelten einzutauchen.
Die Besucherinnen und Besucher
erfahren zum Beispiel, wie Probleme
mit der Schwarmintelligenz
gelöst werden können. Sie experimentieren
mit Robotern, interagieren
mit Chat-Bots, fahren Achterbahn
in der virtuellen Realität und
vieles mehr. Ziel ist eine Auseinandersetzung
mit den konkreten
Anforderungen in der Praxis.
Weitere Informationen zur Bodenseetagung
sowie Videostatements
aus der Praxis im Blog:
www.bodenseetagung.ch
Brennpunkt – #4.0
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SUBSTANZ
/www.bodenseetagung.ch