
Was reizt Dich an Deinem Beruf als Pflegefachfrau
und warum hast Du Dich für den Bereich der
Langzeitpflege entschieden?
Dieser Beruf ist für mich in erster Linie eine Herzensangelegenheit.
Ich mag den Kontakt mit Menschen
und interessierte mich schon immer für Anatomie,
Medizin und Psychologie. Als Pflegefachfrau kann
ich Teile davon miteinander verbinden. In der Langzeitpflege
fasziniert mich die Lebenserfahrung der alten
Menschen. Auch schätze ich den längerfristigen
Beziehungsaufbau mit den Bewohnenden, denen
wir ein Zuhause bieten. Ich möchte dazu beitragen,
dass sie auch bei zunehmendem Autonomieverlust
in Würde ihren Lebensabend verbringen können.
Was braucht es, damit Du Dir vorstellen kannst,
bis zur Pensionierung im Bereich Langzeitpflege
zu arbeiten?
Der Pflegeberuf stellt gerade in der Langzeitpflege
hohe Anforderungen an die eigene Gesundheit und
Belastbarkeit. Dabei spielt die Strukturqualität, die
einen wichtigen Teil der Pflegequalität ausmacht,
eine zentrale Rolle. Wenn die Rahmenbedingungen
der Institution mit meiner Ideologie vereinbar sind,
stehen die Chancen gut, dass ich als Pflegefachfrau
meine Pensionierung antreten werde.
Was sagst Du zur Aussage «gerontologische Pflege
sei langweilig und wenig abwechslungsreich
– in der Akutpflege hingegen sei es spannend,
hektisch und vielseitig»?
Tatsächlich erlebe ich es auch so, dass der Langzeitpflege
oft der Stempel «langweilig» aufgedrückt
wird. Das mag daran liegen, dass diese Fachrichtung
massiv unterschätzt wird. Doch in der Alters-
pflege ist man oft mit Multimorbidität, chronischen
Wunden, psychischen Problemen und Demenz konfrontiert,
was äusserst anspruchsvoll ist. Auch dem
Pflegeprozess kommt eine andere Bedeutung zu als
im Spital, wo Patienten eintreten und nach wenigen
Tagen wieder nach Hause gehen. Zudem tragen
Pflegende in geriatrischen Langzeiteinrichtungen
eine besonders hohe Verantwortung, da oft kein
ärztlicher Dienst im Hause ist. Dies setzt ein hohes
Mass an Fachwissen, Verantwortungsbewusstsein
und Erfahrung voraus. Von Langeweile keine Spur!
Fachkräfte-Mangel ist in aller Munde; was siehst
Du für Möglichkeiten, diesem entgegenzuwirken?
Zentral sind die Förderung des Pflegenachwuchses
und das Vermögen, diesen in der Branche zu halten.
Es ist alarmierend, dass gut ausgebildete Fachkräfte
nach durchschnittlich 15 Jahren aus dem Beruf aussteigen.
Ausserdem gehen Spardruck, Personal- und
Zeitmangel auch zu Lasten der Pflegebedürftigen.
Es braucht eine Pflege, die durch Politik und Gesellschaft
gestärkt wird.
Wir beobachten, dass qualifizierte Mitarbeiterinnen
nach einer längeren/langen Familienpause
wieder einsteigen möchten. Wie ist Dir der
Einstieg gelungen und was siehst Du als die wichtigste
Voraussetzung, um als Haus- und Familien-
frau im Berufsleben zu bleiben oder einzusteigen?
Trotz der Geburten meiner vier Kinder bin ich immer
mit einem Bein im Berufsleben geblieben. Von
daher gab es für mich nicht wirklich einen Wiedereinstieg.
Der grosse Umbruch gestaltete sich bei
mir eher beim Wechsel von der grafischen Branche
in die Pflege. Bei Familienfrauen und -männern sehe
ich aufgrund der unregelmässigen Arbeitszeiten
die grösste Herausforderung in der Organisation.
Gerade wenn Kinder zu betreuen sind, braucht es
ein verlässliches soziales Netzwerk, um privat und
beruflich bestehen zu können.