Essen oder nicht essen, Wie geht umweltfreundliche Ernährung?
7'177’000 Tonnen Nahrungsmittel wurden in der Schweiz
2019 verbraucht (Agristat-Nahrungsmittelbilanz). Von den
834 kg, die von jeder Person laut Statistik durchschnittlich
verbraucht wurden, sind 525 kg pflanzlichen und 308 kg tierischen
Ursprungs.
Gemäss BAFU fallen in der Schweiz beim Endkonsumenten
870’000 Tonnen Lebensmittelverluste (Food Waste) an. Ein
Teil davon, zum Beispiel Rüstabfälle oder Knochen, werden
als unvermeidbare Abfälle bezeichnet. Der andere Teil sind
Lebensmittel, welche weggeworfen werden, obwohl sie noch
zum Verzehr geeignet sind. Laut WWF wirft jeder Schweizer
Haushalt im Schnitt pro Jahr Lebensmittel im Wert von über
600 Franken einfach weg. Das ist einerseits moralisch bedenklich,
andererseits ist das auch eine Verschwendung wertvoller
Ressourcen wie Ackerland, Wasser und Energie.
Die Ernährung ist vor Wohnen und Mobilität der Konsum- und
Produktionsbereich mit den grössten Auswirkungen auf die
Umwelt, schreibt das Bundesamt für Umwelt auf seiner Webseite.
So trägt die Ernährung zu 28, das Wohnen zu 24 und die
Mobilität zu 12 Prozent zur gesamten Umweltbelastung bei.
2015 haben 193 Mitgliedsländer der Vereinten Nationen die
Resolution «Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für
nachhaltige Entwicklung» verabschiedet. Auch die Schweiz bekennt
sich zu den 17 Zielen mit den 169 Unterzielen. Die Agenda
2030 will gemäss Ziel 2 in den kommenden 15 Jahren Hunger
und alle Formen von Unterernährung auf der Welt beenden.
Die genannten Fakten zeigen, dass unser Ernährungsverhalten
Probleme verursacht. Nun stellt sich aber die Frage, was könnte
verbessert werden? Möglichkeiten sind verschiedene vorhanden:
• Regionale, saisonale und biologisch produzierte Lebensmittel
konsumieren, so dass die damit verbundenen Umweltbelastungen
reduziert werden.
• Bewusster einkaufen und so handeln, dass die Lebensmittelverluste
kleiner werden.
• Weniger Nahrungsmittel einkaufen, welche mit hoher Umweltbelastung
produziert werden.
Hühner ׀ 12'298'274
2
8.2 Mio. Personen in der Schweiz wollen ernährt werden.
Der Selbstversorgungsgrad liegt bei 55-60%. Würden wir
unser Konsumverhalten grundlegend ändern, könnte die
Schweizer Landwirtschaft die heutige Bevölkerung ernähren,
das belegt eine Studie von Vision Landwirtschaft. Bei
Nahrungsmitteln, die sich vom Klima her in der Schweiz er-
Für die letztgenannte Massnahme stellt sich nun die Frage,
welche Nahrungsmittel sind denn diejenigen, von welchen wir
weniger konsumieren sollten? Hierzu gibt es eine allgemein
gültige Aussage: Weniger tierische Produkte nutzen. Denn
über den gesamten Lebenszyklus betrachtet, also von der Herstellung
über den Konsum bis zur Entsorgung, verursacht ein
Kilogramm Fleisch eine bis 10-mal höhere Umweltbelastung
als ein Kilogramm Gemüse. Selbstverständlich ist zu berücksichtigen,
dass der Nährwert von Fleisch rund vier Mal über
demjenigen von Gemüse liegt. Aber auch so betrachtet, belastet
der Fleischkonsum die Umwelt mehr als doppelt so stark
wie der Konsum von Gemüse. Immer mehr Menschen kennen
diese Fakten und reduzieren den Fleischkonsum oder verzichten
gar vollständig auf Fleisch. Aber Achtung: Wer anstelle
von Fleisch mehr Butter, Käse oder andere Milchprodukte
konsumiert, reduziert seine Umweltbelastung nur bedingt. So
werden beispielsweise bei einer konventionellen Produktion
von Butter rund 25 kg CO2-Äquivalente ausgestossen. Das ist
sogar deutlich mehr als die 13 kg, welche für die Herstellung
eines Kilogramms Rindfleisch notwendig sind. Aber auch Käse
oder Rahm tragen mit rund 8 kg CO2-Äquivalenten zur Treibhausproblematik
bei.
Bleibt den umweltbewussten Konsument*innen da eine
andere Möglichkeit? Ja, sie könnten sich vegan ernähren. Was
heisst das? Veganer*innen verzichten vollständig auf tierische
Produkte. Salopp gesagt, erachten es diese Menschen
als sinnvoller, aus Soja hergestellten Tofu zu konsumieren,
als Soja den Tieren zu verfüttern und so wertvolle Kalorien
zu verschwenden. Zudem argumentieren viele sich vegan ernährende
Menschen, dass sie mit ihrer Ernährung auch einen
wesentlichen Beitrag zum Tierwohl leisten. Mit Blick auf die
Tierfabriken ist dieses Argument wohl nicht ganz falsch.
Dass die Ernährung ein wichtiges Thema ist, das schon lange
diskutiert wird, zeigt das nachfolgende Zitat: «Wir werden der
Absurdität entkommen, ein ganzes Huhn zu züchten, nur um
die Brust oder den Flügel zu essen, und diese Teile stattdessen
separat in einem geeigneten Medium züchten». Das sagte laut
Gottlieb Duttweiler Institut GDI im Jahr 1931 kein geringerer
als Sir Winston Churchill. Dass dies keine Utopie ist, wissen
wir, seit im Jahr 2013 in London der erste aus Stammzellen gezüchtete
Beef-Burger gegessen wurde. Heute stellen verschiedene
Firmen auf der ganzen Welt Labor-Fleisch und Labor-
Milch her. Gesprochen wird von zellbasierter Landwirtschaft.
Deren Umweltauswirkungen sind noch wenig bekannt.
Möglichkeiten, sich umweltbewusster zu ernähren sind auf
jeden Fall vorhanden. Viele werden wohl nicht direkt zur veganen
Ernährung wechseln wollen. Wer aber regionale Bioprodukte
bevorzugt, deutlich weniger Fleisch konsumiert und täglich
darauf achtet, dass kaum Lebensmittelabfälle entstehen,
leistet sicher einen wertvollen Beitrag. Daniel Gerber
Schweine ׀ 1'350'178
Rinder ׀ 837'253
Kühe ׀ 677'770
Nutztierbestände in der
Schweiz am 1.1.2020
(Bundesamt für Statistik)