Landwirtschaft 4.0 Wahlkreis
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3a.01 Imelda Stadler | Lütisburg
Ausbildung/Beruf: Gemeindepräsidentin
Politik: Seit 2010 Gemeindepräsidentin
Lütisburg,
Vizepräsidentin der
FDP-Fraktion des Kantons
St.Gallen, Mitglied kantonale
Sportkommission.
Hobbies: Vorstandsmitglied
IG St. Galler Sportverbände,
Stiftungspräsidentin Regionales Leistungszentrum
Ostschweiz, Präsidentin St.Galler Wanderwege Familie,
Sportförderung, Lesen, Reisen, Wandern
3a.02 Kilian Looser | Stein
Ausbildung/Beruf: Gemeindepräsident
Nesslau
Politik: Kantonsrat FDP
Wie kann die Schweizer und
insbesondere die St.Galler
Landwirtschaft (noch)
nachhaltiger werden? In
welchen Bereichen besteht
Ihrer Meinung nach am
meisten Handlungsbedarf?
Wieder mehr Naturwiesen.
Als Imker fällt einem auf, dass wir vielerorts nur noch
grüne Dauerwiesen haben. Allenfalls noch vereinzelte mit
Löwenzahn. Die Vielfalt ist komplett verschwunden. Dann
weniger Schnitte und vermehrte Überlegungen, ob diese
auch wirtschaftlich und nachhaltig sind.
Sollen Direktzahlungen vermehrt an ökologische Kriterien
gebunden werden? Wenn ja, was hat für Sie Priorität
(Förderung Biodiversität, Verzicht Pestizide, biologische
Landwirtschaft, Zertifizierung, …) Sie sind heute schon
an Kriterien gebunden. Biodiversität wird schon stark
gefördert. Mit der Umstellung der DZ von Tierbeiträgen
auf Flächenbeiträge wird ein Teil dazu beigetragen.
Soll die Agrarwirtschaft grundsätzlich wie alle anderen
Branchen in der Schweiz behandelt werden (Aufhebung
des Direktzahlungssystems, Grenzschutz etc.)? Nein, die
«Landschaftspflege» muss uns auch etwas wert sein.
Ansonsten gibt es nur noch Monokulturen oder Vergandung.
Welchen Beitrag leisten Sie persönlich im Alltag zur
Schonung der natürlichen Ressourcen und zum Schutz
der Umwelt? Wir kaufen nach Möglichkeit regionale Bio-
Produkte, betreiben einen kleinen Wärmeverbund mit
Holzschnitzel und verreisen selten mit dem Flugzeug.
-würste in verschiedensten Variationen). Ihre Kundinnen und
Kunden, ob online von weither oder als Feriengäste, schätzen
es offensichtlich sehr, im Capeder-Shop von Hand verarbeitete
Produkte mit klarer Herkunft beziehen zu können. Und die Erfahrung
von Martina zeigt: Für Produkte mit Gesicht sind viele
Leute bereit, etwas mehr zu bezahlen. Vielleicht nicht jeden
Tag, sicher aber für spezielle Gelegenheiten.
Guten Zuverdienst machen die beiden mit speziellen touristischen
Angeboten auf dem Hof und dem dazugehörigen Land.
Da springt regelmässig auch Martinas Mann Stefan ein, der zu
60 Prozent als Förster arbeitet. Der Betrieb der Capeders ist
Mitglied der regionalen Tourismusplattform ‚Bergidee‘. „Das
funktioniert sehr gut, über die bekommen wir regelmässig Gäste,
sei es fürs Übernachten, zum Mitarbeiten – ja, das kam in
den letzten Jahre immer mehr auf – oder für geführte Touren
durch die wilden, pittoresken Ruinenlandschaften der früheren
Alpbetriebe“, berichten Martina und ihr Mann.
Und nicht zuletzt sind da die Beiträge der öffentlichen Hand,
die sie für ihre fachkundige Arbeit zugunsten der Biodiversität
und der Kulturlandschaftspflege im Berggebiet erhalten. Ohne
diese Zuschüsse wäre das Leben der Martina Capeder und
ihres Betriebspartners mitsamt ihren Familien in der abgelegenen
Gegend wirtschaftlich undenkbar. „Mein Beruf ist zwar
anstrengend, aber unheimlich spannend. Eigentlich bin ich als
Bergwirtschafterin ja dreierlei in einem: Lebensmittelproduzentin,
Berglandschaftspflegerin und Touristikerin. Was willst
Du da an Herausforderung und Abwechslung mehr? Ich sag es
allen: Das ist ein Traumberuf“!
Ein ganzer Strauss von Visionen
Aus den Bildern und Geschichten der «Denkwerkstatt Nachhaltiges
Agrarsystem Schweiz» sind folgende, von uns leicht gekürzte
Thesen herausgelesen worden:
Einheitsschweiz nein danke: Landwirtschaftspolitik wird künftig
vermehrt als Teil der Regionalpolitik und der Raumplanung
zu verstehen sein und umgekehrt. Programmpunkte hierfür
sind: Schutz des Kulturlandes und Werterhaltung des Bodens
bei gleichzeitiger Ermöglichung landwirtschaftlicher Innovation,
funktionale Zielsetzungen und entsprechende Entwicklung
der Räume, Ausdifferenzierung von Gebieten und (Kultur)Landschaften
sowie verbindliche Festlegungen der jeweiligen Vorrangnutzung.
Standortangepasste Landwirtschaft: Die landwirtschaftliche
Produktion soll sich in Zukunft auf das ökonomische Potenzial
in der jeweiligen Region ausrichten. In der Tendenz wird dies zu
einer tieferen Produktionsintensität, zu einem höheren Anteil
an ökologischem Landbau und zur Einführung von neuen Technologien
und Produktionssystemen führen.
Vernetzt und verzahnt: Die landwirtschaftlichen Erzeugerbetriebe
sind gefordert, sich arbeitsteilig und möglichst regional
eng zu vernetzen, dies über die gesamte Wertschöpfungskette
von der Beschaffung über die Produktion und Verarbeitung bis
hin zur Distribution. Der Land- und Ernährungswirtschaft bieten
sich in der Verzahnung mit anderen Branchen wie Maschinenbau,
Chemie, Elektronik, Energie, IT und anderen erfolgversprechende
Möglichkeiten, die es zu nutzen gilt.