Recycling - Kunststoffrecycling - Es dürfte noch etwas mehr sein
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Die jährliche, weltweite Kunststoffproduktion beträgt heute
rund 330 Millionen Tonnen, 1950 waren es zirka 1.5 Millionen
Tonnen. Die Menschheit lebt also erst seit rund 70 Jahren im
Plastikzeitalter. Roland Gyer, Jenna R. Jambeck und Kara Lavender
Law haben in der Zeitschrift Science Advances im Juli
2017 einen Artikel publiziert, in welchem sie ihre Erkenntnisse
zur Kunststoffgesellschaft darlegen. Sie stellen Folgendes fest:
Bis 2017 wurden weltweit rund 8.3 Mrd. Tonnen verschiedener
Kunststoffe hergestellt. Von dieser Menge wurde bis 2015 rund
6.3 Mrd. Tonnen zu Abfall. Lediglich 9 % dieser enormen Abfallmenge
wurden rezykliert und rund 12 % davon verbrannt. Die
restlichen 79 % landen auf Müllhalden oder sonst irgendwo in
der Umwelt. Zirka 2 Mrd. Tonnen sind noch in Gebäuden, technischen
Einrichtungen usw. zwischengelagert.
Umgang mit Kunststoffabfällen in der Schweiz
In der Schweiz gehören wir mit jährlich etwa 1‘000‘000 Tonnen
oder 125 kg Kunststoffe pro Kopf zu den grossen Kunststoffnutzenden.
Von den 780‘000 Tonnen, die als Abfall anfallen, werden
über 80% in Kehrichtverwertungsanlagen und gut 6% in
Zementwerken energetisch verwertet. Werden die Kunststoffe
energetisch genutzt, so können Öl oder Gas substituiert werden.
Etwa 80‘000 Tonnen werden rezykliert, so dass der Rohstoff ein
zweites Leben erhält.
Kunststoffabfälle - ein globales Problem
Langsam zeichnet sich weltweit ein Umdenken ab. Die schockierenden
Bilder von toten Tieren, deren Mägen mit Plastikteilen
gefüllt sind, oder die kaum vorstellbar
grossen Kunststoffinseln in den Weltmeeren
verstärken den Ruf nach einer
besseren Lösung. Der Kunststoffabfall,
der sich heute in den Meeren findet,
ist im Wesentlichen das Resultat eines
schlechten Abfallmanagements. In vielen
Ländern fehlen Sammelsysteme
und Verwertungstechnologien. Enorme
gesellschaftliche wie auch wirtschaftliche
Herausforderungen sind global
noch zu bewältigen.
Bio-Kunststoffe als Lösung?
Oft wird im Zusammenhang von Umweltschutz
und Kunststoff von Bio-
Kunststoffen gesprochen. Einerseits
gibt es Kunststoffe, die nicht aus Erdöl,
sondern beispielsweise aus Maisstärke
hergestellt werden. Andererseits gibt
es Kunststoffe, die biologisch abbaubar
sind, welche als Bio-Kunststoffe bezeichnet
werden. Die sogenannte Bioabbaubarkeit
löst das Problem jedoch nicht, denn die biologische
Zersetzung ausserhalb einer entsprechenden Kompostierungsanlage
kann mehrere Jahre dauern. Kompostierbare Kunststoffe
könnten, wenn die KonsumentInnen fälschlicherweise glauben,
dass diese sich rasch zersetzen, das Littering-Problem sogar weiter
verschärfen.
Das Kunststoffrecycling ist zu forcieren
Die möglichst sortenreine Trennung ist eine wesentliche Voraussetzung
für ein hochwertiges Recyclinggranulat. Die Trennarbeit
kann jedoch nicht den Konsumenten überlassen werden, denn
die Vielfalt der Kunststoffe ist zu gross (PE, PP, PET, PVC etc.).
Moderne Technologie erlaubt den Recyclingbetrieben eine vollautomatische
Trennung der Sorten in weitgehend guter Qualität.
Technologische Fortschritte werden in den nächsten Jahren
sicher noch bessere Ergebnisse ermöglichen.
Kunststoffe können grundsätzlich auf drei unterschiedliche
Arten verwertet werden:
Beim werkstofflichen Recycling werden die Altkunststoffe mechanisch
aufbereitet: mechanisch zerkleinert, gereinigt und
nach Sorten getrennt, danach eingeschmolzen. Werkstoffliches
Recycling ist sinnvoll, wenn Kunststoffe sauber und sortenrein
vorliegen.
Das rohstoffliche Recycling basiert auf der Spaltung der Polymerketten.
Endprodukte sind Monomere oder chemische Grundstoffe
wie Öle und Gase, die dann wieder zur Herstellung neuer
Kunststoffe eingesetzt werden können. Für vermischte und verschmutzte
Kunststofffraktionen ist rohstoffliches
Recycling gut geeignet.
Von energetischer Verwertung wird gesprochen,
wenn die in den Altkunststoffen
enthaltene Energie durch Verbrennen
(bei gleichzeitiger Nutzung der Energie)
zur Produktion von Wärme oder Strom
genutzt werden kann. Die energetische
Verwertung ist für nicht-recyclingfähige
Abfallfraktionen sehr empfehlenswert.
Die drei Verfahren sollen sich nicht ausschliessen,
sondern sinnvoll ergänzen.
Aus Sicht des Umweltschutzes und der
Ressourcenschonung gilt auch bei diesem
Thema: Abfälle vermeiden und vermindern
und die trotzdem anfallenden
Mengen sollen, sofern technisch machbar,
rezykliert werden. Ganz am Schluss
werden aber alle Abfälle sinnvollerweise
in einem Kehrichtheizkraftwerk oder in
einem Zementofen landen.
Daniel Gerber
Cradle to Cradle
Es werden Produkte und Materialien hergestellt,
die in biologischen oder technischen
Nährstoff-Kreisläufen zirkulieren, also von der
Wiege zur Wiege - wie in der Natur. Was nicht
kompostiert werden kann, wird auseinandergenommen
und zur Produktion eines neuen Gutes
verwendet.