Seltene Erden - Ein altes Holzchalet wird abgebrochen und in
seine Bestandteile zerlegt.
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Deponienotstand im Kanton St.Gallen?
Die hohe Bautätigkeit und vermehrtes Bauen in den Untergrund
produzieren überschüssige Erde und mineralischen Abfall,
die umweltschonend und kostengünstig deponiert werden
müssen. Das Amt für Umwelt des Kantons St.Gallen hat 2016
eine Wegleitung zur Deponieplanung erstellt. Für die nächsten
10 Jahre ist ein Bedarf von 14'320'000 m3 errechnet worden,
das zurzeit verfügbare Auffüllvolumen wird auf 5'996'000 m3 beziffert. Unsere Fragen
an das kantonale Baudepartement hat Tensing Gammeter beantwortet:
Herr Gammeter, wo werden zusätzliche Deponien angelegt?
Momentan besteht noch kein akuter Notstand, da noch einige Deponien über Restvolumen
verfügen und mehrere Projekte in der Pipeline sind. Der Kanton legt mögliche
Standorte im Normalfall auf Antrag aus der Privatwirtschaft im Richtplan fest und
bestimmt die Einzugsgebiete, er betreibt aber weder Deponien noch sucht er in Regionen
in denen private Unternehmer aktiv sind, selber nach Standorten. Dies machen
in der Regel Bauunternehmer, die sich als Erstes mit Grundbesitzern und Gemeinden
verständigen und dann erst mit einem Gesuch zur Aufnahme in den Richtplan an den
Kanton gelangen. Beim derzeitigen Bedarf ist Deponieplatz für etwa 4 Jahre vorhanden,
mit den im Richtplan als möglich bezeichneten Standorten reicht es für 10 Jahre
und zusammen mit dem potentiellen Platz auf Kiesgruben zur Verwertung des Aushubs
besteht eine Reserve von 27 Jahren.
Die Strategie sieht vor, dass unverschmutzter Aushub primär verwertet anstatt
deponiert werden soll. Was heisst das?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Verwertung: Ideal ist das Auffüllen von ausgebeuteten
Abbaustellen (z.B. Kiesgruben). Allerdings ist dies abhängig von der Abbautätigkeit
und ausserdem besteht für Abbaustellen keine Abnahmepflicht. 45 Mio
m3 Abbau sind bewilligt, wann abgebaut wird und ob überhaupt, kann aber nicht vorausgesagt
werden.
Von Vorteil sind Wasch- und Siebanlagen, die hochwertigen Aushub, wie er oft in
Flusstälern, z.B. der Thurebene vorkommt, in Kies, Sand und Feinmaterial auftrennen.
Vor jeder Deponie eine Aushubwaschanlage, das würde Deponieraum sparen.
Im Bereich der Inertstoffe ist aufbereitetes reines Betongranulat aus Abbruchbauten
sehr gut verwendbar, auch die Wiederverwertung von Asphalt funktioniert. Einzig
das Mischabbruchgranulat aus Beton, Backstein-, Kalksandstein- und Natursteinmauerwerk
hat mangels Erfahrungswerten ein eher schlechtes Image. Es wird bis jetzt
zum Hinterfüllen und im Strassenbau eingesetzt, jedoch noch kaum im Hochbau.
Anliegen des Naturschutzes sollen in angemessener Weise berücksichtigt werden.
Was ist mit angemessen gemeint?
Als Beispiel sei die Geschichte des Steinachtobels erzählt: ab 2012 ist nach einem Ersatz
für das Tüfentobel gesucht worden. Drei Möglichkeiten wurden in Erwägung gezogen:
ein 1:1-Ersatz in einem grösseren Tobel, mehrere kleinere Deponien oder sogar das
Ablagern im Bodensee. Das Steinachtobel wurde, als einzig möglicher Standort einer
Grossdeponie im Raum der Stadt St.Gallen, auf die technische, wirtschaftliche und ökologische
Machbarkeit geprüft. So klar die ersten beiden Kriterien mit Ja beantwortet
werden konnten, so klar hat die äusserst umfassende ökologische Prüfung ergeben:
„die Bewilligungsfähigkeit ist nicht gegeben“. Der Schluchtenurwald des Steinachtobels
ist nicht ersetzbar, d.h. eine ökologische Kompensation wäre nicht möglich gewesen.
Vom Standpunkt des Naturschutzes aus sind bewaldete Tobel nicht ideal für Deponien,
bewirtschaftete Wiesen in
Fruchtfolgequalität aus Sicht
der Landwirtschaft genauso wenig.
Die Konsequenz daraus ist,
dass man vermehrt über Hochdeponien
in ökologisch wenig
wertvollen Wäldern und auf ungenutzten
Wiesen nachdenken
sollte.
Der Baggerführer arbeitet mit äusserster
Präzision und trennt die Materialien fein
säuberlich.
Dachziegel, Mauerziegel, Holz, Isolation, Metall,
Beton, Humus ..., alles wird separat abgeführt
und verwertet.
Durch den selektiven Rückbau sollen 80% eines
Bauwerks zurück in den Baustoffkreislauf
statt auf eine Deponie gelangen. Dieses Ziel
hat der Verband Baustoffrecycling Schweiz
gesetzt. Durch eine konsequente Systemtrennung
am Gebäude bereits in der Planungsphase
liessen sich sogar ganze Bauteile
weiterverwenden. www.arv.ch
Tensing Gammeter
Dipl. Geograph, Leiter Sektion
Abfall und Rohstoffe, ist im kantonalen
Amt für Umwelt und
Energie für die Deponieplanung
zuständig.