7
bzw. sich durch Selbstinstruktionen aus belastenden
Gefühlen befreien. Sie benötigen daher Menschen,
die mit ihren Gefühlen mitgehen und diese wandeln
helfen.
Offenheit
Die Pflegesituation sollte offen und nicht durch vorab
festgelegte Ablaufsysteme «festgezurrt» sein.
Jeden Tag muss neu herausgefunden und erarbeitet
werden, was jetzt und hier für diesen Menschen
Sinn machen kann. Wichtig ist es beispielsweise,
für «Kotschmieren» einen nicht-beschämenden,
sicheren Kontext zu schaffen. In der Regel gilt: Gegen
die Symptome zu arbeiten ist ein «Betreuungs- und
Pflegefehler». Alles herausfordernde Verhalten ist als
Kommunikationsversuch zu verstehen, die verstanden
werden wollen.
Haltung
Arbeit mit Menschen mit Demenz ist eine Form von
therapeutischer Körperarbeit. Es braucht ein Lern-
umfeld für Betreuungs- und Pflegeteams, in dem es
möglich ist, schreiende Menschen zu halten, Trost zu
vermitteln, lernen zu streicheln, zu berühren und den
eigenen Leib einzusetzen.
Zusammenfassung
Die Arbeit mit Menschen mit Demenz ist eine der
anspruchsvollsten Aufgaben, die wir als Gesellschaft
zu vergeben haben. Als Gesundheits(fach)personen
stellen wir uns mit unserer ganzen Person zur Verfügung.
Wir sind nicht die objektivierenden, rationalen,
distanziert-sachlichen Expert*innen. Neben unserer
Fachexpertise besitzen wir soziale und ethische Kompetenzen,
die eigenen Grenzen zu weiten, entstehende
Gegenübertragungen und Gegenaffekte wie
z.B. Wut, Ekel, Grauen im Team und in Supervisionen
zu reflektieren. Innerhalb einer von solcher Kompetenz
geprägten (Pflege)Beziehung kann es gelingen,
beim Menschen mit Demenz relatives Wohlbefinden
zu entwickeln und damit sein Person-sein zu
erhalten. Das Person-sein zu erhalten bedeutet, den
eigenen Willen zu behaupten, die eigenen Gefühle
auszudrücken, soziale Kontakte aufzunehmen, Zuneigung
zu schenken und zu genießen, die Bedürfnisse
anderer wahrzunehmen, sich selbst zu achten, die
Verwirrtheit anderer anzunehmen, humorvoll zu sein,
kreativ zu sein, sich zu vergnügen, hilfreich zu sein
und sich zu entspannen und zu erholen. Für Pflegefachpersonen
braucht es ein Lernumfeld, das solche
Qualitäten in klinischen Assessmentverfahren erkennt,
aufnimmt und darstellt.
Autor*innen:
Andrea L. Koppitz
(andrea.koppitz@hefr.ch)
Frank Spichiger
(frank.spichiger@unil.ch)
Susanne Suter-Riederer
(Susanne.Suter-Riederer@apnurse.ch)
Kontakt:
Andrea L. Koppitz
HES-SO Hochschulen für angewandte
Wissenschaften Westschweiz,
HedS-Fribourg, Route des Arsenaux 16a,
1700 Fribourg
Eine Literaturliste ist über Andrea Koppitz verfügbar.