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RECHT & PRIVAT
Wer die Gerichtskosten zu
bezahlen hat, darüber entscheidet
1-2018 mandat
von Art. 19c ZGB fallen u.a. die
körperliche Integrität, die Ehre,
familiäre Beziehungen, Religionsfreiheit,
also z.B. Entscheidungen
im Zusammenhang mit
medizinischen Massnahmen
wie etwa eine Operation oder
ein Behandlungsabbruch. Vermögensrechtliche
Interessen
fallen hingegen grundsätzlich
nicht darunter.
Soweit der Gesetzgeber die
Kindesvertretung ausdrücklich
geregelt hat, wie z.B. bei Sorgerechts
und Obhutsstreitigkeiten
oder Kindesschutzmassnahmen
mit Art. 314abis ZGB und
Art. 299 ZPO, ist eine vertragliche
Vertretung eines Kindes
anstelle oder neben der gesetzlichen
Kindesvertretung gemäss
Bundesgericht nur im Ausnahmefall
möglich.
Was sind die Aufgaben
eines Kinderanwalts/
einer Kinderanwältin?
Kinder haben eigene Rechte,
und Kinderanwälte verhelfen
den Kindern, ihre Rechte
durchzusetzen. Sie sind darum
besorgt, dass Kinder angemessen
am Verfahren teilnehmen
können, sie reichen für die Kinder
Anträge und Stellungnahmen
ein, treten an Gerichtsverhandlungen
als Fürsprecher der
Kinder auf und ziehen nötigenfalls
Entscheide an die nächste
Instanz weiter.
Eine Kindesvertretung wird eingesetzt,
wenn es um Sorge-
und Kontaktrechtsstreitigkeiten
oder um Kindesschutzmassnahmen
geht und sicherge
stellt werden muss, dass die
Interessen der Kinder in solchen
familienrechtlichen Streitigkeiten
unabhängig von den
Interessen
der Eltern wahrgenommen
und vertreten werden.
Kindesvertreter unterstützen
Kinder und Jugendliche dabei,
sich alters- und entwicklungsgemäss
eine eigene Meinung
zu einem Sachverhalt zu bilden.
Aufgabe der Kindesvertretung
ist es, den Eltern, dem
Gericht oder der Behörde den
Willen und die Bedürfnisse des
Kindes mitzuteilen und dafür
einzustehen.
Kindesvertreter sorgen dafür,
dass Kinder altersgerecht am
Verfahren partizipieren können.
Sie informieren und beraten
Kinder und Jugendliche und
stehen diesen auch für Fragen
rund um das Verfahren zur Verfügung,
indem sie ihnen die einzelnen
Verfahrensschritte und
Entscheide von Gerichten und
Behörden erklären. Während
eine persönliche Anhörung der
Kinder durch das Gericht oder
die Behörde in der Regel nur ein
Mal im Verfahren erfolgt, bringt
eine Kindesvertretung während
des ganzen Verfahrens die
Sicht des Kindes ein und kann
so auch auf Veränderungen der
Situation reagieren.
Anders ist die Situation, wenn
ein Anwalt von den Eltern für
die Interessenwahrung des
Kindes mandatiert wird in Fällen,
bei denen die Eltern das
gleiche Interesse haben wie
das Kind, z.B. wenn ein Kind
von einer Drittperson geschädigt
wird und gegen diese
Straf- und Zivilklage einreicht,
oder wenn Elias und seine Eltern
gegen den Ausschluss von
Elias aus der Schule kämpfen.
In solchen Fällen unterscheidet
sich die Aufgabe des Anwalts
als Interessenvertreter eines
Kindes nicht erheblich von der
Tätigkeit eines Anwalts von erwachsenen
Personen.
Kinderanwälte haben auch die
Aufgabe, sich für ein rechtsstaatlich
korrektes Verfahren
einzusetzen und unnötige Verzögerungen
zu vermeiden. Verfahren,
von denen Kinder betroffen
sind, kommt eine hohe
Dringlichkeit zu. Kinderanwälte
haben die Interessen des Kindes
in der betreffenden Angelegenheit
umfassend zu wahren.
Dazu gehört beispielsweise
auch der Schutz der Privatsphäre
des Kindes und seiner
persönlichen Daten.
Kindeswohl
und Kindeswille
Massstab für Entscheidungen
in Kinderbelangen ist das «Kindeswohl
», man könnte auch
sagen: Was das Beste für das
Kind ist. Fast alle Eltern wollen
nur das Beste für ihre Kinder.
Soweit sind sich selbst in Konfliktsituationen
meist alle einig.
Hingegen gehen die Meinungen,
was das Beste für ein
Kind ist, in strittigen Verfahren
oft weit auseinander. Häufig ist
es schwierig, zu beurteilen, ab
wann z.B. eine alleinerziehende
und psychisch erkrankte
Mutter nicht mehr in der Lage
ist, ihr Kind angemessen zu
betreuen, sodass eine Fremdplatzierung
erfolgen muss. Vor
einer Fremdplatzierung muss
geprüft werden, ob und mit
welchen unterstützenden Hilfeleistungen
eine mit dem Kindeswohl
verträgliche Situation
geschaffen und aufrechterhalten
werden kann. Auch die
Frage, ob der Kindeswille
dem Kindeswohl
entspricht,
ist nicht immer klar.
Beim Kindeswillen
muss geprüft und
hinterfragt werden,
ob der geäusserte
Kindeswille dem wahren Willen
des Kindes entspricht, und ob
er unbeeinflusst und in Kenntnis
der relevanten Informationen
gebildet werden konnte.
Auch mit der Einsetzung einer
Kindesvertretung bleibt die
Schwierigkeit bestehen, dass
im Einzelfall und unter Berücksichtigung
der konkreten
Umstände ausgelegt werden
muss, welche Entscheidungen
und Handlungsweisen
dem Kindeswohl am besten
entsprechen. Der Vorteil einer
eigenen Vertretung des
Kindes ist aber, dass diese
am Schluss des
Verfahrens das Gericht.
Dr. Nicole Zürcher Fausch
Rechtsanwältin
St.Gallen