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 RECHT & PRIVAT 
 1-2019 mandat 
 Vergangenheit liegende Verletzungshandlung  
 einen Zustand  
 geschaffen  hat,  der  geeignet  
 ist, den Verletzten weiterhin in  
 seinen  persönlichen  Verhältnissen  
 zu treffen. Dies ist etwa  
 der  Fall,  wenn  die  verletzenden  
 Äusserungen  später  erneut  
 Dritten bekannt gegeben  
 werden  können.8  Bei  besonderer  
 Dringlichkeit können die  
 vorgenannten  Begehren auch  
 superprovisorisch  beantragt  
 werden.9  Ausserdem  können  
 ergänzend Schadenersatz und  
 Genugtuung  verlangt  werden.  
 Die  Genugtuung  muss  dabei  
 nicht zwingend finanziell erfolgen. 
  Beispielsweise kann auch  
 die Publikation des Entscheids  
 oder  einer  Gegendarstellung  
 als  eine  Art  Genugtuung  wirken. 
 10 
 Im Zusammenhang mit digitalen  
 Beiträgen  dürfte  sich  das  
 gerichtliche  Vorgehen  gegen  
 eine  Persönlichkeitsverletzung  
 vor  allem  dann  lohnen,  wenn  
 eine Wiederholung  der  Verletzung  
 droht. Dies ist beispielsweise  
 dann der Fall, wenn ein  
 kompromittierendes  Video  
 auf Facebook bereits  vom  ursprünglichen  
 Verletzer entfernt  
 wurde,  jedoch  aufgrund  der  
 zwischenzeitlich  erreichten  
 Popularität  jederzeit  mit  dem  
 erneuten  Hochladen  des  Videos  
 durch  eine  Drittperson,  
 welche das Video vor der Löschung  
 lokal  gespeichert  hat,  
 zu  rechnen  ist.  Zudem  gilt  es  
 zu beachten, dass das Zusenden  
 eines kompromittierenden  
 Inhalts  nicht  die  Zustimmung  
 zu  dessen  Weiterverbreitung  
 bedeutet.  Das  Weiterleiten  
 eines  vermeintlich  «lustigen  
 Videos» kann durchaus rechtliche  
 Konsequenzen nach sich  
 ziehen. 
 Bei  der  Abwägung,  ob  rechtliche  
 Mittel  ergriffen  werden  
 sollen,  gilt  es  zudem  Folgendes  
 zu beachten: Erstens, ein  
 Prozess  dauert.  Von  der  Verletzung  
 bis  zur  Untersagung  
 oder  gar  Bestrafung  können  
 je  nach  Verfahrensart mehrere  
 Tage,  Wochen  oder  sogar  
 Monate  vergehen.  Zweitens,  
 ein  Prozess  kostet.  Das  Gericht  
 wird  vom  Kläger  einen  
 Kostenvorschuss  verlangen.10  
 Zudem  verbleibt  ein  Kostenrisiko  
 beim  Kläger  für  den  Fall  
 des  (teilweisen)  Unterliegens  
 im  Prozess.  Drittens,  wer  seine  
 Persönlichkeitsrechte wahrnehmen  
 will, muss selbst tätig  
 werden.  Das  Gericht  verfolgt  
 Persönlichkeitsverletzungen  
 nicht  von  Amtes  wegen.  Viertens, 
   Verhandlungen  sind  in  
 der Regel öffentlich und somit  
 auch  den  Medien  zugänglich.  
 Mit  einem  Gerichtsverfahren  
 riskiert man, dass eine Sache,  
 über die bereits Gras gewachsen  
 ist,  erneut  in  den  Fokus  
 der  Öffentlichkeit  rückt  und  
 vor Gericht erneut schmutzige  
 Wäsche gewaschen wird. 
 Alternativ  oder  kumulativ  zum  
 Zivilweg  steht  dem  Verletzten  
 auch  der  strafrechtliche  Weg  
 offen.  Neben  den  Ehrverletzungsdelikten  
 gemäss  den  
 Artikeln  173  ff.  des  Strafgesetzbuches, 
   können  allenfalls  
 auch weitere Straftatbestände,  
 wie beispielsweise die Rassendiskriminierung12  
 erfüllt  sein.  
 Hauptsächliches  Strafmittel  
 bei  Ehrverletzungsdelikten  ist  
 die  Geldstrafe.  Im  Falle  der  
 Verleumdung13  kann  an  deren  
 Stelle auch eine Freiheitsstrafe  
 bis  zu  drei  Jahren  ausgesprochen  
 werden.  
 Fehlender Gleichschritt 
 Zusammenfassend  ist  festzustellen, 
   dass  die  aktuelle  Gesetzgebung  
 grundsätzlich auch  
 Persönlichkeitsverletzungen,  
 welche im Internet stattfinden,  
 umfasst.  Das  Vorhandensein  
 der Schutzmöglichkeit ist allerdings  
 nicht mit der Schutzwirksamkeit  
 gleichzusetzen.  Der  
 Persönlichkeitsschutz  steht  
 im  digitalen  Zeitalter  vor  der  
 grossen  Herausforderung  der  
 Diskrepanz  zwischen  dem  
 Verfahrenstempo  der  Justiz  
 und  der  Flüchtigkeit  und  
 Schnelllebigkeit des Internets.  
 Deshalb  gilt,  dass  Prävention  
 der wirksamste Schutz gegen  
 Persönlichkeitsverletzungen  
 im  Internet  ist.  Als  Faustregel  
 kann  gelten,  dass  nichts  veröffentlicht  
 werden  sollte,  was  
 MLaw Kathrin Feusi- 
 Biedermann, 
 Rechtsanwältin und  
 öffentliche Notarin 
 Wil SG 
 man  nicht  auch  laut  im  Bus  
 erzählen  oder  zeigen  würde.  
 Sind Worte einst in die Öffentlichkeit  
 geboren, haben sie ihr  
 unberechenbares  Eigenleben.  
 Im  weltweiten  Netz  gilt  dies  
 umso mehr.       
 Das Weiterleiten eines  
 vermeintlich «lustigen  
 Videos» kann durchaus  
 rechtliche Konsequenzen  
 nach sich ziehen. 
 8   Vgl. BGE 101 II 77, E. 4b).	 
 9   Art. 265 f. ZPO. Superprovisorische  
 Entscheide ergehen innert kurzer  
 Frist und ohne Stellungnahme des  
 Verletzers.	 
 10  BGer 5A_309/2013; Weiter zur  
 Höhe der Genugtuung: BGer  
 5A_376/2013; Kantonsgericht   
 St. Gallen, BO.2013.41. 
 11  Bei Mittellosigkeit kann allenfalls   
 ein Antrag auf unentgeltliche Rechtspflege  
 gestellt werden (Art. 117  
 ZPO, Art. 136 StPO). 
 12  Art. 261bis StGB. 
 13  Art. 174 Abs. 1 StGB: Eine Verleumdung  
 liegt vor, wenn jemand «wider  
 besseres Wissen bei einem andern  
 eines unehrenhaften Verhaltens oder  
 anderer Tatsachen, die geeignet  
 sind, seinen Ruf zu schädigen,  
 beschuldigt oder verdächtigt … 
 eine solche Beschuldigung oder Verdächtigung  
 wider besseres Wissen  
 verbreitet ….»