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RECHT & UNTERNEHMUNG
1-2019 mandat
3. Zulässige Über-
setzungen
Eine Firma darf auch in mehreren
Sprachen angemeldet und eingetragen
werden; dabei sollen
die einzelnen Übersetzungen inhaltlich
übereinstimmen. Dies ist
durch die Handelsregisterbehörde
zu prüfen.20 Personennamen,
Fantasiebezeichnungen oder
aus Sachbegriffen kombinierte
Bezeichnungen mit Fantasiecharakter
sind dabei nicht übersetzbar.
21 Bei Übersetzungen
der Firma ist der aktuellen Handelsregisterpraxis
entsprechend
mindestens die Rechtsform in einer
Landessprache anzugeben.
Neben den Landessprachen
darf die Angabe der Rechtsform
aus historischen Gründen nur
in englischer Sprache ins Handelsregister
eingetragen werden.
22 Die Liste der zulässigen
Rechtsformangaben findet sich
im Anhang 2 der HRegV.
4. Allgemeine Grundsätze
der Firmenbildung
4.1 Beginn und Ende der
Firma
Die Firma entsteht nicht erst mit
der Anmeldung beim Handelsregister
oder mit deren Eintragung.
Vielmehr ist der Beginn der Firma
auf den Zeitpunkt der tatsäch-
lichen Führung im geschäft-
lichen Verkehr durch den Firmen-
berechtigten festzulegen.23 Damit
können den Firmengebrauch
betreffende Verletzungen bereits
ab diesem Zeitpunkt klageweise
beanstandet werden.24
4.2 Firmenfreiheit und
Firmenstrenge
Seit der Revision von 2016 gilt
für alle Handelsgesellschaften
und Genossenschaften das
Prinzip der Firmenfreiheit. Die
Firma kann damit, unter Wahrung
der allgemeinen Grundsätze,
frei gewählt und unabhängig
von Gesellschafterwechseln
oder Umwandlungen beibehalten
werden.25 Für Einzelunternehmen
gilt nach Art. 945 Abs. 1
OR nach wie vor das Prinzip der
Firmenstrenge. Durchbrochen
wird dieses Prinzip jedoch durch
Art. 954 OR, wonach die bisherige
Firma beibehalten werden
kann, wenn der darin enthaltene
Name des Geschäftsinhabers
oder der Inhaberin von Gesetzes
wegen oder durch die zuständige
Behörde geändert worden
ist. Nach Art. 955 OR und Art.
26 und 28 HRegV überwacht
das HRA von Amtes wegen die
Einhaltung der Firmenbildungsvorschriften
mit voller Kognition.
4.3 Täuschungs- und
Irreführungsverbot
Nach Art. 944 Abs. 1 OR darf
die Firma weder insgesamt noch
auch nur mit einzelnen Bestandteilen
dazu geeignet sein, beim
Publikum eine unrichtige Vorstellung
hervorzurufen.26 Ob eine
Täuschung beabsichtigt resp.
eingetreten ist oder nicht, ist
unerheblich.27 Zu prüfen ist, ob
ein unbefangener Dritter bei Anwendung
der üblichen Sorgfalt
einer Täuschung unterliegt oder
nicht.28 Auch wahre Tatsachen
können dabei so dargestellt
werden, dass sie zu Täuschungen
Anlass geben.29 Eine trotz
Täuschungsgefahr eingetragene
Firma ist grundsätzlich zu korrigieren
(Ausnahme Bestandesschutz30).
31 Die Eintragung einer
Firma entbindet den Berechtigten
nicht von der Einhaltung
bundesrechtlicher Vorschriften,
namentlich zum Schutz vor Täuschung
und Irreführung (Vgl. Art.
955a OR).
4.4 Verbot bestimmter Inhalte
Die Firma darf, zum Schutz öffentlicher
Interessen (Art. 944
Abs. 1 OR), auch nicht gegen
das religiöse, sittliche oder nationale
Empfinden verstossen.32
Zudem sind bei der Firmenbildung
diverse spezialgesetzliche
Schranken zu beachten, bspw.
Schutz öffentlicher Wappen und
Zeichen (SR 232.21), Schutz
des Roten Kreuzes (SR 232.22)
oder Schutz der Zeichen der
UN (SR 232.23) usw.33 Diese
Regelungen dienen nicht allein
dem Schutz der betreffenden
Bild- und Wortzeichen gegen
Verwässerung, missachtende
Verwendung und Ausbeutung,
sondern auch dem Schutz des
Publikums vor Täuschung und
Irreführung.34
4.5 Verbot bestimmter
Ausdrucksformen
Die Regeln der Grammatik sind
bei der Firmenbildung nicht zu
beachten. Es muss aber gewährleistet
sein, dass die Identifikation
und Individualisierung
des Rechtssubjekts durch die
Firma erhalten bleibt.35 Gemäss
Weisung des EHRA dürfen sämtliche
lateinischen Gross- und
Kleinbuchstaben sowie arabische
Zahlen frei verwendet werden.
36 Zu beachten bleibt dabei,
dass Interpunktionszeichen und
Wiederholungen oder Kombinationen
von Interpunktionszeichen
nicht alleinige Bestandteile
einer Firma sein können.37 Unzulässig
ist zudem die Verwendung
von Signeten, Symbolen,
Emblemen, Farben, Bildzeichen,
grafischen Besonderheiten oder
anderes figürliches Beiwerk in
der Firma.38
19 Bspw. «Inhaber Martin Müller,
MEIER IMAGES»
20 BGE 106 II 58 ff.
21 «Hans Meister GMBH» kann nicht
zu «Jean Maître SARL» übersetzt
werden; Weisung EHRA, Rz. 31
m.w.Bsp.
22 Weisung EHRA, Rz. 35 f.
23 BSK OR II-Altenpohl,
Art. 944 OR N 5.
24 BK-His, Art. 944 OR N 35.
25 Meier-Heyoz/Forstmoser/Sethe,
a.a.O. S. 196.
26 Vgl. dazu Meier-Heyoz/Forstmoser/
Sethe, a.a.O. S. 198 mit diversen
Beispielen.
27 BGE 117 II 192, E. 3a.
28 Vgl. dazu BGE 113 II 280,
E. 3 m.w.H.
29 Meier-Heyoz/Forstmoser/Sethe,
a.a.O. S. 199.
30 Vgl. dazu unten stehende Kap. 4.8;
Jung, a.a.O., S. 183.
31 BGE 113 II 179, E. 2; vgl. aber das
Gegenbeispiel: BGE 108 II 130 E.
3 – 4.
32 BGE 101 Ib 361, E. 5b; vgl. bspw.
BGE 136 III 474 betr. Sittenwidrigkeit
von «Madonna» als Marke.
33 Vgl. dazu Übersicht in Meier-Heyoz/
Forstmoser/Sethe, a.a.O. S. 201 f.
34 Jung, a.a.O., S. 186.
35 BSK OR II-Altenpohl,
Art. 944 OR N 8.
36 Anweisung und Weisung an die
Handelsregisterbehörden für die
Bildung und Prüfung von Firmen und
Namen vom 1. Juli 2016, Weisung
EHRA, Rz. 51.
37 Unzulässig bspw. «+/- AG»;
Weisung EHRA, Rz. 56.
38 Unzulässig bspw. Fettschrift, #, %,
«100%top AG»; Weisung EHRA, RZ.
57 ff. m.w.Bsp.; BSK OR II-Altenpohl,
Art. 944 OR N 8.