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 RECHT & UNTERNEHMUNG 
 1-2022 mandat 
 Online-Bewertungen im   
 Internet zwischen Fluch  
 und Segen 
 Im Internet kann heute alles bewertet, 
  qualifiziert und disqualifiziert  
 werden.  Restaurants:  
 «unfreundliche  Bedienung»,  
 «schmutziges Besteck», «stinkender  
 Fisch». Anwälte: «kennt  
 die  Akten  nicht»,  «Abzockeranwalt 
 ».  Auch  Autohändler,  
 Ärzte,  Fusspflegerinnen  und  
 Blumenhändler  bleiben  nicht  
 verschont.  Die  Online-Bewertung  
 von Organisationen, Waren  
 oder Dienstleistungen aller  
 Art  gehört  zur  Normalität  der  
 digitalisierten Gesellschaft. 
 Online-Bewertungen  sind  Teil  
 des  Konsumentenschutzes.  
 Sie  geniessen  den  verfassungsrechtlichen  
 Schutz  der  
 Meinungsäusserungsfreiheit.  
 So  hat  der  deutsche  Bundesgerichtshof  
 ausdrücklich  
 festgehalten,  dass  öffentliche  
 Interessen  die  Benotung  von  
 Ärzten auf einem Bewertungsportal  
 rechtfertigen  können.1  
 Aber  auch  diese  Freiheit  ist  
 nicht  grenzenlos,  sie  muss  
 gerechtfertigt  sein.2  Gerichte  
 im  In-  und  Ausland  haben  in  
 den  letzten  zehn  Jahren  die  
 Grenzen  der  freien Meinungsäusserung  
 auf  Bewertungsportalen  
 deutlicher aufgezeigt.  
 Vor  allem  dort,  wo  Online- 
 Bewertungen zur Diffamierung  
 oder drohend, ja erpresserisch  
 eingesetzt  werden, nach dem  
 Motto: «Wenn Du mir das Geld  
 nicht zurückgibst, dann…». 
 Aussergerichtliche  
 Streitbeilegung 
 Eine  kritische  Online-Bewertung  
 kann  unter  Umständen  
 auch  eine  Chance  sein  –  der  
 Konflikt  als  Teppich  zur  Kommunikation. 
   Wo  der  Absender  
 eruiert  werden  kann,  ist  fürs  
 Erste die direkte Kontaktnahme  
 zu empfehlen. Eine freundliche,  
 aber bestimmte Kontaktnahme  
 kann  zielführend  sein  und  allenfalls  
 auch zur Verbesserung  
 der  Dienstleistungen  genutzt  
 werden.3  Wenn  eine  direkte  
 Konfliktbereinigung nicht möglich  
 ist,  kann  in  einem  zweiten  
 Schritt  die  Portalbetreiberin  
 kontaktiert  werden  mittels  ei- 
 1 	  V  BGH VI ZR 488/19. 
 2 	  Nathalie Glaus, Private Bewertungsportale  
 von Dienstleistern im  
 Lichte des Persönlichkeitsschutzes  
 und des Schutzes vor unlauterem  
 Wettbewerb, 2009. 
 3 	  Umgang mit Online-Bewertungen  
 – Eine Empfehlung der FMH für  
 Ärztinnen und Ärzte, 2019, FMH.