
4 THEMA
1-2022 mandat
serhalb der Bauzone richtet sich
diese nach dem Raumplanungsrecht
des Bundes (vgl. Art. 24c
RPG), jedoch gilt die erweiterte
Bestandesgarantie nicht im Gewässerraum.
c) Baubewilligungen
an Gewässern
ohne
Gewässerraum
Innerhalb der Bauzone kommt
der kantonale Gewässerabstand
zur Anwendung (z. B. im Kanton
St.Gallen von beidseitig fünf Metern
gemäss Art. 90 Abs. 2 PBG),
sofern rechtsgültig auf die Ausscheidung
eines Gewässerraums
verzichtet wurde. Ausserhalb der
Bauzone existiert bei einem gültigen
Verzicht auf die Festlegung
des Gewässerraums hingegen
keine vergleichbare Abstandsregelung.
Allerdings sind unabhängig
eines Gewässerraums bei
der Erstellung von Bauten und
Anlagen die Abstände nach der
Chemikalien-Risikoreduktionsverordnung
(ChemRRV) und der Verordnung
über die Direktzahlungen
an die Landwirtschaft (DZV)
zu beachten und einzuhalten.
Innerhalb des kantonalen Gewässerabstands
(d.h. bei einem
rechtsgültigen Verzicht auf die
Ausscheidung des Gewässerraums
nach Bundesrecht) gilt weder
ein vergleichbares Bauverbot
noch eine Verpflichtung zur extensiven
Nutzung. Es muss hingegen
geprüft werden, ob die öffentlichen
Interessen an der Hochwassersicherheit,
am technischen
Zugang zum Gewässer sowie an
ökologischen Zielen dem konkreten
Bauvorhaben entgegenstehen.
Ist dem nicht so, so darf
im kantonalen Gewässerabstand
gebaut werden (z. B. im Kanton
St.Gallen Abweichungsregelung
gemäss Art. 90 Abs. 3 PBG).
Jedoch bedürfen sämtliche Baubewilligungen
im kantonalen Gewässerabstand
der Zustimmung
der zuständigen kantonalen Stelle
(im Kanton St.Gallen z. B. durch
das AREG gemäss Art. 90 Abs. 4
PBG i.V.m. Art. 6 PBV).
d) Baubewilligungsfreie
Nutzungen im Gewässerraum:
Bewirtschaftung
im Gewässerraum
Art. 41c Abs. 2 bis 6 GschV hält
fest, dass im Gewässerraum sowohl
inner- als auch ausserhalb der
Bauzone nur extensive Bodennutzungen
bzw. Bewirtschaftungen
zulässig sind. Es dürfen demnach
grundsätzlich keine Dünger und
Pflanzenschutzmittel eingesetzt
werden. Hintergrund dieser Bestimmungen
ist die Verhinderung
der Ausschwemmung von schädlichen
Stoffen in das Gewässer. Wer
also einen Garten besitzt, der im
Gewässerraum liegt, darf ihn weiterhin
nutzen. Neue Bauten und
Anlagen im Gewässerraum sind
jedoch nicht erlaubt, hierzu zählt
z. B. auch die Erstellung eines neuen
Gartenhauses.
Allerdings gelten bis zur Ausscheidung
der Gewässerräume noch
die provisorischen Gewässerabstände
(Uferstreifen) gemäss den
Übergangsbestimmungen, womit
in diesen Gebieten zurzeit keine
Nutzungseinschränkungen des
Gewässerschutzrechts bestehen,
ausser jene nach ChemRRV und
die Pufferstreifen gemäss Art. 21
DZV.
Was gilt es als Grundeigentümer
zu beachten?
Das Erstellen von neuen Bauten
und Anlagen im Gewässerraum
ist somit grundsätzlich verboten
bzw. extrem eingeschränkt. Gesetzlich
sind gewisse Ausnahmen
weiterhin vorgesehen, in jedem
Fall ist eine Zustimmung der
kantonalen Behörde (im Kanton
St.Gallen z. B. AREG) für Baubewilligungen
sowohl im provisorischen
und definitiven Gewässerraum
als auch im kantonalen
Gewässerabstand notwendig.
Für Grundeigentümer bestehen
oft Unklarheiten in Bezug auf
die eigentliche Gewässerraumausscheidung
(ist diese bereits
durch die Gemeinde erfolgt?),
die anwendbaren Gesetzesvorschriften
sowie den Umfang der
Bestandesgarantie bei der baulichen
Umnutzung oder Erweiterung
von bestehenden Gebäuden
im Gewässerraum. Deshalb sollte
bei Bauvorhaben in Gewässernähe
in einem ersten Schritt immer
genau geklärt werden, was aus
rechtlicher Sicht überhaupt zu
lässig ist.
Philipp Aerni,
M.A. HSG in Law & Economics,
Rechtsanwalt und
Notar
Festlegung «wäre» unterdessen
bereits verstrichen – kommen die
bundesrechtlichen Übergangsbestimmungen
bzw. die Gewässerabstandregelungen
gemäss Art.
62 GschV zur Anwendung.
Dennoch ist das Bauen im Gewässerraum
im dicht überbauten
Gebiet ausnahmsweise möglich
(Art. 41c Abs. 1 lit. a GschV). Zudem
ist die Erteilung einer Ausnahmebewilligung
ausserhalb
des dicht überbauten Gebiets in
eigentlichen Baulücken denkbar
(Art. 41c Abs. 1 lit. abis GschV).
Weitere Voraussetzung für die
Erteilung einer solchen Ausnahmebewilligung
ist, dass dem Vorhaben
keine überwiegenden Interessen
(z. B. Hochwasserschutz)
entgegenstehen.
Somit bedürfen alle Baubewilligungen
im provisorischen bzw.
übergangsrechtlich geltenden
wie im definitiven Gewässerraum
der Zustimmung der kan
tonalen Stelle; im Kanton St. Gallen
z. B. durch das Amt für Raumentwicklung
und Geoinformation
(AREG) gemäss Art. 90 Abs. 4 lit.
a des Planungs- und Baugesetzes
(PBG) i.V.m. Art. 6 der Planungs-
und Bauverordnung (PBV).
b) Bestandes- und
Erweiterungsgarantie
Bestehende Bauten und Anlagen
im Gewässerraum, welche rechtmässig
erstellt wurden und bestimmungsgemäss
nutzbar sind,
sind in ihrem Bestand grundsätzlich
geschützt (sog. Besitzstandsgarantie
oder Bestandesgarantie;
Art. 41c Abs. 2 GschV). Innerhalb
der Bauzone richtet sich der Umfang
der Besitzstandsgarantie
nach kantonalem Recht (sog. erweiterte
Bestandesgarantie, vgl.
hierzu z. B. im Kanton St.Gallen
Art. 31, 109 und 110 PBG). Aus-