
 
        
         
		16 
 RECHT & UNTERNEHMUNG 
 1-2022 mandat 
 nes  von  der  Betreiberin  
 zur  Verfügung  
 gestellten  Formulars  
 mit  dem  Begehren  
 auf  Löschung  einer  
 rechtswidrigen  Bewertung. 
  In manchen  
 Fällen  ist  dafür  eine  
 Anmeldung  auf  dem  
 Bewertungsportal  
 notwendig  und  eine  
 Verifikation, damit sichergestellt  
 werden kann, dass  
 es sich dabei um den tatsächlichen  
 Inhaber  des  bewerteten  
 Unternehmens handelt. 
 Die  Inanspruchnahme  einer  
 Anwältin kann zielführend sein,  
 wenn  der  Bewerter  oder  die  
 Portalbetreiberin nicht von sich  
 aus  die  rechtswidrige  negative  
 Bewertung  entfernen  will.  
 In  der  Regel  wird  auch  eine  
 Anwältin  vorerst  eine  ausser 
   
 gerichtliche  Streitbeilegung  
 anstreben:  Abmahnung  des  
 Verfassers  (soweit  bekannt)  
 und/oder  der  Portalbetreiberin; 
   Begründung,  warum  eine  
 Bewertung falsch oder in dieser  
 Tonalität nicht zu  
 rechtfertigen ist oder  
 gegen die Richtlinien  
 der  Portalbetreiberin  
 verstösst.  Weise  
 abwägende  Anwältinnen  
 werden  ihrer  
 Klientschaft  deutlich  
 machen,  dass  ein  
 einzelner  negativer  
 Ausreisser  neben  
 vielen positiven kaum  
 eine  Rufschädigung  
 darstellt.  
 So  hat  das  Zürcher  Obergericht  
 entschieden,  dass  eine  
 einzelne  negative  Restaurant- 
 Bewertung  («falsch  deklarierten  
 Fisch») neben 180 vorwiegend  
 positiven  nicht  schwer  
 ins Gewicht fällt.4 
   
 Eine Portalbetreiberin hat zwar  
 keine generelle  Prüfpflicht  bezüglich  
 der  eingehenden  Bewertungen. 
 5  Sie  ist  aber  Mitwirkende. 
  Und als solche ist sie  
 zu einem Tun oder Unterlassen  
 verpflichtet,  wenn  Persönlichkeitsrechte  
 verletzt  werden.  
 Spätestens nach einer Abmahnung, 
   wenn  sie  also  Kenntnis  
 von der widerrechtlichen oder  
 gegen  die  Richtlinien  verstossenden  
 Bewertung  hat,  kann  
 ihr Untätigbleiben als Verschulden  
 angelastet werden.6 Allerdings  
 ist sie nicht angehalten,  
 dem bewerteten Unternehmen  
 die  Kontaktdaten  des  Bewertenden  
 bekanntzugeben.7  
 Vorsicht mit Strafklagen 
 Nach Verunglimpfungen erwarten  
 Klienten von ihren Anwälten  
 häufig  die  unverzügliche  Einleitung  
 eines  Strafverfahrens.  
 Doch  aufgepasst:  Nicht  jede  
 Persönlichkeitsverletzung  im  
 Sinne  des  Zivilgesetzbuches  
 (Art.  28  ZGB)  ist  auch  eine  
 strafbare Ehrverletzung im Sinne  
 von Art. 173 ff. StGB. Qualifizierungen  
 wie «inkompetenter  
 Chef» oder «Verwaltungsrat mit  
 zwei  blinden  Augen»  machen  
 die  betroffene  Person  nicht  
 «als Mensch verächtlich», sondern  
 tangieren  «nur»  seinen  
 beruflichen Ruf. Eine Ehrverletzung  
 liegt  lediglich  vor,  wenn  
 eine  Äusserung  den  menschlichen  
 Charakter  einer  Person  
 in  Zweifel  zieht,  nicht  nur  
 seine  berufliche  Kompetenz.8  
 Die Grenzen zwischen blosser  
 Rufschädigung  und  Ehrverletzung  
 sind  fliessend.  Mit  einer  
 zivilrechtlichen  Klage  ist  ein  
 Kläger  auf  der  sicheren  Seite.  
 Zumal  im  Strafrecht  auch  das  
 absichtliche Handeln  nachgewiesen  
 werden muss, was bisweilen  
 schwierig  ist.9 Vorsicht  
 und eine genaue Abklärung ist  
 auch  beim  Vorwurf  der  Nötigung  
 (Art. 181 StGB) geboten.  
 Eine Frau, die einem Geschäft  
 anerbot,  man  könne  über  die  
 Beseitigung  einer  «unbequemen 
 »  Rezension  reden, wenn  
 das Geld zurückbezahlt werde,  
 handelte  nicht  nötigend.  Begründung  
 des Bundesgerichts:  
 Nach bereits erfolgter Publikation  
 werden keine «ernsthaften  
 Nachteile»  mehr  angedroht.10  
 Der  Nötigung  macht  sich  nur  
 schuldig, wer jemanden durch  
 Gewalt  oder  unter  Androhung  
 ernstlicher  Nachteile  nötigt,  
 etwas  zu  tun,  zu  unterlassen  
 oder zu dulden. 
 Zivilklage wegen Persönlichkeitsverletzung 
 Der  vom  Zivilrecht  geregelte  
 Persönlichkeitsschutz  reicht  
 weiter  als  der  vom  Strafrecht  
 erfasste.  Jeder  Bereich  sozialer  
 Geltung,  auch  der  berufliche  
 oder  sportliche,  wird vor  
 unrechtmässigen  Eingriffen  
 geschützt.11  Die  Verbreitung  
 von  wahren  Tatsachen  ist  
 grundsätzlich  durch  die  Meinungsäusserungsfreiheit  
 geschützt. 
   Eine  Äusserung  wird  
 nicht  durch  jede  kleine Ungenauigkeit  
 unwahr oder persönlichkeitsverletzend, 
   sondern  
 nur,  wenn  sie  in  wesentlichen  
 Punkten  nicht  zutrifft  und  so  
 ein spürbar falsches Bild eines  
 Bewerteten zeichnet.12 Persönliche  
 Meinungsäusserungen  
 sind ebenfalls zulässig, sofern  
 sie aufgrund des Sachverhalts  
 vertretbar  sind  und  nicht  unnötig  
 verletzend,  sprich,  reine  
 Schmähkritik  sind.13  Auch  
 Schmähkritik  aufgrund  von  
 wahren  Tatsachen  kann  eine  
 nicht  zu  rechtfertigende  Persönlichkeitsverletzung  
 sein,  
 wenn sie der betroffenen Person  
 jede  Personenehre  abspricht. 
 14  Dabei  müssen  sich  
 politische Akteure «im Rahmen  
 einer hitzig geführten Debatte»  
 mehr gefallen lassen.15  
 Fazit:  Unwahre  Äusserungen,  
 aber auch polemisierend zugespitzte, 
  schmähende Bewertungen, 
  die auf wahren Tatsachen  
 beruhen,  können  (ausnahms- 
 Online-Bewertungen sind  
 Teil des Konsumentenschutzes. 
  Sie geniessen  
 den verfassungsrechtlichen  
 Schutz der Meinungsäusserungsfreiheit. 
   
 9 	  BGE 6B_150/2021 E. 1.6. 
 10 	 BGE 6B_150/2021 E. 1.6. 
 11 	 BGE 147 III 185 E. 4.2.3 S. 190 und  
 197. 
 12 	 BGE 138 III 641 E. 4.1.2 S. 643. 
 13 	 BGE 138 III 641 E. 4.1.3 S. 644. 
 14 	 BGE 138 III 641 E. 4.1.1 S. 644. 
 15 	 EGMR vom 9. Januar 2018  
 18597/13 «verbaler Rassismus». 
 4 	  Obergericht ZH UE 180205-09  
 sowie BGer 6B_1080/2018. 
 5 	  BGE 5A_792/2011 E. 4. 
 6 	  BGE 141 III 513 E. 5.3.1 S. 515f.  
 ebenso BHG VI ZR 34/15. 
 7 	  BGE 136 III 508 vom 8. September  
 2010 sowie BHG VI ZR 345/13  
 «Ärztebewertung». 
 8 	  BGE 6B_150/2021 vom 11. Januar  
 2022 mit Verweis auf BGE 129 III  
 415. 
 Eine kritische Online- 
 Bewertung kann unter  
 Umständen auch eine  
 Chance sein – der   
 Konflikt als Teppich zur  
 Kommunikation.