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RECHT & PRIVAT
1-2020 mandat
vorschriften eine weitere Sicherheit
bieten. Im Rahmen von Art.
216 ZGB ist es zulässig, dass
die Ehegatten ehevertraglich
z. B. den Steuerwert als den für
die güterrechtliche Auseinandersetzung
massgeblichen Wert für
das Unternehmen vereinbaren.30
Ein ähnliches Ziel kann oft auch
mit einer Bewertungsregelung in
einem Aktionärsbindungsvertrag
erreicht werden, wobei in diesem
Fall – anders als im Rahmen von
Art. 216 ZGB – die Pflichtteile
nicht gemeinsamer Nachkommen
nicht geschützt sind.31
Fallbeispiel 4: keine
Nachkommen, dafür
pflichtteilsberechtigte
Eltern
Der vertragliche Güterstand der
Gütergemeinschaft fristet ein
eher stiefmütterliches Dasein.
Dabei bietet die Gütergemeinschaft
zahlreiche Vorteile wie
z. B. dass im Rahmen der beschränkten
Gütergemeinschaft
das Eigengut frei definiert werden
kann.32
Einen besonderen Vorteil sieht
die Gütergemeinschaft vor, wenn
die Ehegatten keine Nachkommen
haben, daher deren Eltern
pflichtteilsberechtigt sind und sie
sich für den Fall der Auflösung
des Güterstandes infolge Versterbens
eines Ehegatten gegenseitig
maximal begünstigen
Annina Berchtold-Schreiner,
M.A. HSG in Law, Fachanwältin
SAV Familienrecht,
St.Gallen
möchten. Indem das Gesamtgut
dem überlebenden Ehegatten
zugewiesen wird, kann das
Pflichtteilsrecht der Eltern – mit
Ausnahme des gesetzlichen Eigenguts
33 – vollständig ausgeschlossen
werden.34 Nicht beeinträchtigt
werden dürfen die
Pflichtteile der gemeinsamen
und nicht gemeinsamen Nachkommen.
35
Im Rahmen der Erbrechtsrevision
ist vorgesehen, dass die
Pflichtteile der Eltern wegfallen
sollen.36 Insofern verliert die Gütergemeinschaft
weiter an Bedeutung.
Ob dies schliesslich
so umgesetzt wird, ist aber noch
offen.
Im Übrigen sind mit der Gütergemeinschaft
auch ernst zu nehmende
Nachteile verbunden, sodass
deren Anordnung sorgfältig
zu überlegen ist. Hervorzuheben
sind zum einen die Haftungsproblematik
37 sowie das (allerdings
vertraglich wegbedingbare)
grundsätzliche Erfordernis der
gemeinsamen Verwaltung des
Vermögens.38
Beurkundung durch
St.Galler Anwälte als
Notare
Es empfiehlt sich folglich, für
die bedürfnisgerechte Ausgestaltung
des Ehe- und allenfalls
Erbvertrages einen Rechtsanwalt
aufzusuchen. Im Gegensatz
zu anderen Kantonen ist es in
St.Gallen von besonderem Vorteil,
dass die Rechtsanwältinnen
und Rechtsanwälte gleichzeitig
auch Notarinnen und Notare
sind. Die Beratung und Beurkundung
wird folglich aus einer
Hand geboten, wodurch Doppelspurigkeiten
vermieden werden
können.
Die einfachste Möglichkeit,
das Unternehmen eines
Ehegatten zu schützen, ist
die Anordnung der Gütertrennung.
30 BK ZGB-HAUSHEER/REUSSER/
GEISER, Art. 216 N 17; CHK-RUMO
JUNGO, Art. 216–217 N 4.
31 Vorbehältlich der erbrechtlichen
Herabsetzung.
32 Art. 224 Abs. 1 ZGB.
33 Art. 225 ZGB.
34 Art. 241 Abs. 2 ZGB.
35 Art. 241 Abs. 3 ZGB.
36 BBl 2018 S. 5831.
37 Art. 233 f. ZGB.
38 Art. 227 ff. ZGB.