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RECHT & PRIVAT
1-2020 mandat
der Ehe aufgebaut hat. Dabei ist
es dem Unternehmerehegatten
jeweils ein Anliegen, dass er im
Falle einer Scheidung nicht gezwungen
ist, sein Unternehmen
zu verkaufen, um den güterrechtlichen
Ausgleichsanspruch
des anderen Ehegatten erfüllen
zu können.
Die einfachste Möglichkeit, das
Unternehmen eines Ehegatten
zu schützen, ist die Anordnung
der Gütertrennung. Gerade aber,
wenn die Ehegatten gemeinsame
Nachkommen haben und
der eine aus diesem Grund seine
Erwerbstätigkeit reduziert oder
gar ganz aufgibt, ist dies für den
betreffenden Ehegatten oft keine
Option.
Für die Ausgestaltung einer alternativen
Lösung muss unterschieden
werden zwischen Unternehmen,
welche im Eigengut
des betreffenden Ehegatten
stehen14 und solchen, die seiner
Errungenschaft zugehören.15
Eigengutsunternehmen sind insofern
weniger problematisch,
als sie unter dem Güterstand
der Errungenschaft im Falle einer
Scheidung als Eigengut beim
betreffenden Ehegatten verbleiben.
Dabei ist aber zu beachten,
dass Erträge aus dem Eigengut
in die Errungenschaft fallen. Ehevertraglich
können sie der Errungenschaft
jedoch entzogen und
wiederum dem Eigengut zugewiesen
werden.16
Ebenfalls im Rahmen von Art.
199 ZGB können während der
Ehe aufgebaute Unternehmen
ehevertraglich zu Eigengut erklärt
werden, wenn sie für die
Im Rahmen der Erbrechtsrevision
ist vorgesehen,
dass die überhälftige
Vorschlagsbeteiligung
neu in die Pflichtteilsberechnungsmasse
einbezogen
wird.
Ausübung eines Berufes oder
den Betrieb eines Gewerbes
bestimmt sind.17 Die infrage stehende
Berufs- oder Gewerbetätigkeit
muss bereits ausgeübt
werden, wobei z. B. ein Sitz im
Verwaltungsrat des betreffenden
Unternehmens ausreicht.18
Die wirtschaftliche Tätigkeit des
Ehegatten muss über die blosse
Kapitalanlage und deren Verwaltung
hinausgehen.19 Unter dieser
Voraussetzung können auch
künftige Errungenschaftswerte
dem schon bestehenden Unternehmen
zugeordnet werden.20
Eine Ersatzanschaffung würde
ihrerseits zu Eigengut führen.21
Anders als im Rahmen der abweichenden
Vorschlagszuweisung
nach Art. 216 ZGB, werden
die Pflichtteile nicht gemeinsamer
Nachkommen in diesem
Fall nicht vorbehalten. Es können
aber nur Vermögenswerte
zu Eigengut erklärt werden, die
für die Ausübung des Berufs
oder den Betrieb des Gewerbes
notwendig sind. Problematisch
sind in diesem Zusammenhang
nicht betriebsnotwendige
Vermögenswerte, welche einer
Massenumteilung grundsätzlich
nicht zugänglich sind.22 Ein
weiteres Risiko besteht im Falle
eines Verkaufs. Die herrschende
Lehre geht davon aus, dass
die Massenumteilung dahinfällt,
wenn Vermögenswerte aufgrund
von Ersatzanschaffungen
dem wirtschaftlich investierten
Vermögen endgültig entfremdet
werden, was insbesondere bei
einem Verkauf der Fall ist.23
Aus diesem Grund empfiehlt es
sich, eine doppelte Absicherung
vorzusehen. Diese kann über
eine vom Gesetz abweichende
Vorschlagszuweisung erfolgen,
indem das Unternehmen und
dessen Surrogate von der Vorschlagszuweisung
ausgenommen
werden und dem betreffenden
Ehegatten verbleiben.24
Dabei ist zu beachten, dass für
diesen Fall wieder die Pflichtteile
der nicht gemeinsamen Nachkommen
geschützt sind.25
Vorzubehalten bleibt der Arbeitserwerb
nach Art. 197 Abs. 2 Ziff.
1 ZGB, der grundsätzlich der Errungenschaft
verbleibt. Der Unternehmerehegatte
ist für seine
Arbeitsleistung stets durch Bezüge
aus dem Unternehmen angemessen
zu entschädigen, ansonsten
im Umfang der Differenz
zwischen dem ausbezahlten und
einem marktüblichen Lohn eine
Ersatzforderung seiner Errungenschaft
gegen sein Eigengut
besteht.26
Investiert ein Ehegatte in das
Unternehmen des anderen,
kann ehevertraglich der Mehrwertanteil
ausgeschlossen werden.
27 Es besteht folglich nur
im Umfang des Nennwerts der
Investition eine Ersatzforderung.
Damit wird das Ausmass einer
Rückzahlung «planbarer», was
insbesondere deshalb von Bedeutung
ist, weil ein Unternehmen,
das an Wert
zugenommen hat,
nicht zwangsläufig
auch in diesem
Umfang eine
höhere Liquidität
aufweist und entsprechend
eine
Rückzahlung im
Umfang der um
den Mehrwert erhöhten
Investition
das Unternehmen
in Liquiditätsschwierigkeiten
bringen könnte. Nicht ausgeschlossen
werden kann die
Mehrwertbeteiligung bei Investitionen
zwischen den Gütermassen
(Eigengut und Errungenschaft)
eines Ehegatten.28
Da bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung
die Vermögenswerte
grundsätzlich zu ihrem
Verkehrswert einzusetzen
sind,29 kann das Festlegen von
anderen (tieferen) Bewertungs-
14 Art. 198 ZGB.
15 Art. 197 ZGB.
16 Art. 199 Abs. 2 ZGB.
17 Art. 199 Abs. 1 ZGB.
18 BSK ZGB-HAUSHEER/AEBI-MÜLLER,
Art. 199 N 10.
19 BK-HAUSHEER/REUSSER/GEISER,
Art. 199 N 11.
20 BK-HAUSHEER/REUSSER/GEISER,
Art. 199 N 7.
21 Art. 198 Ziff. 4 ZGB.
22 BSK ZGB-HAUSHEER/AEBI-MÜLLER,
Art. 199 N 14; TRACHSEL,
Güter- und erbrechtliche Schnittstellen,
insbesondere mit Blick auf
Familienunternehmen, 2017, S. 7.
23 BK-HAUSHEER/REUSSER/GEISER,
Art. 199 N 14.
24 Art. 216 Abs. 1 ZGB; CHK-RUMOJUNGO,
Art. 216–217 N 4; BKHAUSHEER/
REUSSER/GEISER, Art.
216 N 16.
25 Art. 216 Abs. 2 ZGB.
26 BSK ZGB-HAUSHEER/AEBIMÜLLER,
Art. 199 N 13; BGE 131 III
559.
27 Art. 206 Abs. 3 ZGB.
28 Art. 209 Abs. 3 ZGB; BK-HAUSHEER/
REUSSER/GEISER, Art. 209
N 56.
29 Art. 211 ZGB.