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RECHT & UNTERNEHMUNG
1-2020 mandat
Auch durchzulesen und genauestens
zu studieren sind sämtliche
Protokolle der Eigentümerversammlungen.
Diese gelten gemäss
Art. 649a Abs. 1 ZGB
nämlich ohne Anpassung
auch für den
neuen Eigentümer.
Ausserdem wird aufgrund
der Protokolle
deutlich, wie die
Stimmung unter den
Stockwerkeigentümern
ist, d.h. ob das
bisherige Zusammenleben
harmonisch
verlief oder es immer
wieder Anlass zu Diskussionen
gab, und wie sauber
und genau die Verwaltung arbeitet.
Kauf einer Wohnung ab
Plan
Ist die Wohnung noch gar nicht
gebaut, so spricht man von einem
Kauf ab Plan. Dabei hat
man eben gerade keine Möglichkeit,
sich die Räumlichkeiten
vor Ort anzuschauen, sondern
man erhält einerseits die
Baupläne und anderseits den
sogenannten Baubeschrieb.
Es lohnt sich, diesen Baubeschrieb
von einer unabhängigen,
sachverständigen Person
wie bspw. einem Architekten
prüfen zu lassen. Auch hier ist
der Begründungsakt und damit
die Wertquote zu überprüfen.
Beim Kauf einer Wohnung,
die erst noch gebaut werden
muss, verlangt der Verkäufer
normalerweise eine Reservationszahlung,
die in der Höhe
von 20’000.00 bis 30’000.00
Franken liegen dürfte. Oft werden
anschliessend Teilzahlungen
fällig, die der Verkäufer
– oft ein Generalunternehmer
(GU) – dann gleich wieder verwendet.
Das Problem entsteht
da, wo der GU die Zahlungen
für andere Zwecke (bspw. für
andere Bauten) verwendet
oder zahlungsunfähig wird. In
diesem Fall kann der Handwerker,
der seinen Werklohn nicht
erhalten hat, innert vier Monaten
nach den letzten Arbeiten,
die er an dieser Baute getätigt
hat, ein Pfandrecht in Höhe des
Werklohnes eintragen lassen
(Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 i.V.m.
Art. 839 ZGB). Im schlimmsten
Fall droht dem neuen Eigentümer
die Folge, dass er doppelt
bezahlen muss, weil er das
Pfand ablösen muss, um der
Zwangsverwertung zu entgehen.
Davor schützen kann sich
der Käufer, indem er eine sogenannte
GU-Erklärung verlangt.
Dabei erhält er eine Bestätigung
seitens der Bank, dass die Gesamtfinanzierung
gesichert ist
und die Teilzahlungen nur für
diese Liegenschaft verwendet
werden. Auch lohnt es sich,
im Kaufvertrag sicherzustellen,
dass die Teilzahlungen an
den Baufortschritt gekoppelt
sind. Um diesen Baufortschritt
zu überprüfen, ist es ratsam,
einen Augenschein vor Ort
zu nehmen. Zudem kann die
Überprüfung der Kreditwürdigkeit
des GU hilfreich sein,
indem ein Betreibungsregisterauszug
und Referenzen
eingeholt werden. Dem dazu
notwendigen Interessennachweis
dürften ein Entwurf des
Kaufvertrags oder Kopien der
Korrespondenz mit dem GU
genügen. Als Vorsichtsmassnahme
gilt jedoch, keine grossen
Teilzahlungen ohne entsprechenden,
überprüfbaren
Gegenwert zu tätigen.
Finanzierung
Im Zusammenhang mit der Finanzierung
gibt es die verschiedensten
Möglichkeiten und
es ist sicherlich stets Kontakt
mit der Bank zu suchen. Diese
wird einerseits die Liegenschaft
überprüfen, indem sie
bspw. Lage und Baustandard
einschätzt, und anderseits die
Leistungsfähigkeit des potenziellen
Käufers anschaut. Als
Faustregel gilt: Vom Nettoeinkommen
sollte nicht mehr als
ein Drittel für die Wohnkosten
(Hypothekarzinsen und Nebenkosten)
aufgewendet werden
müssen.
Fazit
Beim Kauf eines Stockwerkeigentums
gibt es verschiedene
Hürden zu überwinden und
Stolpersteine zu beachten. Der
genaue Blick und der Beizug eines
Sachverständigen in Bezug
auf Bausubstanz und Finanzen
kann sich lohnen. Sich selber
muss der Käufer bewusst sein,
dass er einzig ein Sonderrecht
an seiner Wohnung und den
der Wohnung zugeteilten Räumen
kauft. Alle anderen Teile
der Liegenschaft sind in gemeinschaftlichem
Eigentum,
was von allen Stockwerkeigentümern
eine Kompromissbereitschaft,
ein Interesse an der
Gemeinschaft und den Wunsch
nach friedlichem Zusammenleben
auf Kosten der Individua-
lität bedeutet.
MLaw Monica Frey,
Rechtsanwältin und
öffentliche Notarin, St.Gallen
Bevor man Stockwerkeigentümer
wird, muss
man sich im Klaren darüber
sein, dass eine solche Gemeinschaft
nur funktioniert,
wenn jeder bereit ist,
seine eigenen Freiheiten
und Wünsche ein wenig
zurückzustecken.