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RECHT & PRIVAT
Die Stellung von geschiedenen
2-2017 mandat
Die Revision des Vorsorgeausgleichs
verbessert die Stellung
des berechtigten, geschiedenen
Ehepartners in mehrfacher
Hinsicht:
– neu wird auch die hypothetische
Austrittsleistung einer
invaliden Person in den Ausgleich
einbezogen;
– eine Invalidenrente nach dem
reglementarischen Rentenalter
oder eine Altersrente kann
geteilt werden;
– die Ausrichtung erfolgt durch
die Vorsorgeeinrichtung des
verpflichteten Ehegatten in
Form einer lebenslangen Rente.
Dies bedeutet gleichzeitig, dass
die Auswirkungen auf die Vorsorgesituation
des verpflichteten
Ehegatten sorgfältig abzuklären
sind. Denn wenn der
verpflichtete Ehepartner eine
Invalidenrente bezieht, welche
zufolge Scheidung geteilt wird,
ist mit einer Kürzung der laufenden
IV-Rente zu rechnen.
Je nach Reglement kann sich
der Vorsorgeausgleich auch
erst beim Bezug der Altersrente
auswirken. Bei jeder Lösung
sollen die Vorsorgebedürfnisse
beider Ehegatten berücksichtigt
werden.
4. Scheidung
im Rentenalter
Gemäss Bundesamt für Statistik
(BFS) werden seit 2012
jährlich rund 17’000 Ehen geschieden.
Über 7’000 Ehen
pro Jahr werden nach einer
Ehedauer von mehr als 15
Jahren geschieden. Tendenziell
befindet sich bei einer
Scheidung immer häufiger ein
Ehepartner im Rentenalter.
Nach Art. 124a ZGB entscheidet
das Gericht in dieser Situation
nach Ermessen über eine
Teilung der Rente. Zu beachten
sind die Dauer der Ehe sowie
die Vorsorgebedürfnisse.
Die folgende Berech
nung ist ausschliesslich
beispielhaft:
Ehemann:
– 68 Jahre
– bezieht eine BVG Rente
von CHF 4’000.00/ Mt.
Ehefrau:
– 65 Jahre
– bezieht keine BVG Rente
Stammt das gesamte Rentenguthaben
aus der Zeit der
Ehe, kann die Ehefrau bei der
Scheidung mit der Zusprechung
eines Rentenanteils
von CHF 2’000.00/Mt. rechnen.
Dieser Rentenanteil wird
in eine lebenslange Rente umgerechnet
und ihr direkt von
der Vorsorgeeinrichtung des
verpflichteten Ehepartners
ausgerichtet.
Wäre die Ehefrau im obgenannten
Beispiel während der
Ehe ebenfalls erwerbstätig
gewesen und würde eine BVG
Rente beziehen, so würde ihr
Rentenanteil mit dem Rentenanteil
des Ehemannes verrechnet
(Art. 124c ZGB).
Hätte die Ehefrau das Rentenalter
noch nicht erreicht
und wäre keiner Vorsorgeeinrichtung
angeschlossen,
könnte sie ihren Anspruch
(neu) an die Auffangeinrichtung
BVG überweisen lassen.
Bei einer Überweisung an die
Auffangeinrichtung BVG kann
das Guthaben später als Rente
bezogen werden (Art. 60a
BVG).
5. Wann wird
nicht geteilt?
Grundsätzlich sind die Ehepartner
relativ frei, den Ausgleich
aus der beruflichen Vorsorge zu
gestalten (Art. 124b ZGB), so
lange die Vorsorgebedürfnisse
beider Ehegatten gewährleistet
sind. Die Gerichte werden also
weiterhin überprüfen, ob eine
Abweichung von der hälftigen
Teilung angemessen ist oder
nicht. Eine Reduktion oder gar
eine Verweigerung der hälftigen
Teilung kann aus wichtigen
Gründen erfolgen. Zum Beispiel
wäre es wohl unbillig, wenn
bei der Scheidung eines invaliden
Ehepartners von seiner
gesunden, gut ausgebildeten
Ehefrau die Hälfte seiner hypothetischen
Austrittsleistung für
den Ausgleich berücksichtigt
würde. Denn die Ehefrau kann
voraussichtlich selber eine Vorsorge
lic. iur. Pia Trutmann Rüesch
Mediatorin SAV
Rechtsanwältin und Notarin
St. Gallen
aufbauen, welche diejenige
des invaliden Ehepartners
deutlich übersteigen wird. Auch
Altersunterschiede zwischen
den Ehegatten können
zu einer Kürzung
oder Verweigerung
der hälftigen Teilung
führen.
Nach wie vor ist auch
ein Ausgleich aus
freien Mitteln möglich.
Dies im Falle der
Unzumutbarkeit (Art.
124d ZGB) oder der
Unmöglichkeit (Art.
124e ZGB) einer Teilung der
Mittel aus der beruflichen Vorsorge.
6. Wer hat den Überblick
über die Mittel
in der beruflichen
Vorsorge?
Bisher kam es immer wieder
vor, dass Vorsorgegelder nicht
in den Vorsorgeausgleich einbezogen
wurden, weil sie vergessen
gegangen sind oder
bewusst nicht offengelegt
worden waren. Insbesondere
bei häufigen Stellenwechseln
ging der Überblick über die
Vorsorgekonten oft verloren.
Seit 1. Januar 2017 sind alle
Vorsorge- oder Freizügigkeitseinrichtungen
verpflichtet, der
Zentralstelle 2. Säule jährlich
bis Ende Januar alle Personen
zu melden, für die im Vorjahr
ein Guthaben geführt worden
ist (Art. 24a FZG). Insbesondere
sind auch vergessene oder
kontaktlose Vorsorgeguthaben
(zukünftigen)
Witwen bzw. Witwer ist
dadurch deutlich verbessert
worden.