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 THEMA 
 Den Gemeinden wurde die  
 Möglichkeit genommen,  
 einen sog. «grossen Grenzabstand 
 2-2017 mandat 
 Gestaltung  und  Nutzung  des  
 Gebäudevolumens  deutlich  
 mehr Spielraum zugestanden.  
 Ob  die  Gemeinden  als  Ersatz  
 für  die  Ausnützungsziffer  vermehrt  
 von  der  (bereits  im  alten  
 Baugesetz  vorgesehenen)  
 Baumassenziffer  (Verhältnis  
 des  Bauvolumens  zur  anrechenbaren  
 Grundstückfläche)  
 Gebrauch  machen  werden,  
 wird sich weisen. 
 Ferner  sind  nach  dem  neuen  
 Gesetz  bereits  Mehrfamilienhäuser  
 ab  vier  Wohnungen  
 hindernisfrei  und  bezüglich  
 Grundriss  anpassbar  zu  gestalten. 
 Gewässerabstand (Art. 90) 
 Das  PBG  unterscheidet  nicht  
 mehr  zwischen  den  verschiedenen  
 Gewässerarten.  Die  
 Gemeinde  setzt  einen  sog.  
 Gewässerraum  nach  Vorgaben  
 des  Bundesrechts  fest,  
 in  dem  grundsätzlich  nicht  
 gebaut  werden  darf.  Wird  auf  
 die Festlegung des Gewässerraums  
 verzichtet, gilt ein beidseitiger  
 Gewässerabstand von  
 fünf Metern.  
 C. Natur- und Heimatschutz  
 (Art. 114 – 130) 
 Neu haben die Gemeinden die  
 Wahl,  Baudenkmäler  wie  bis  
 anhin  in  einer  Schutzverordnung  
 oder  in  einem  Schutzinventar  
 zu  erfassen.  Dieses  
 Inventar  ist  öffentlich,  aber  
 lediglich  behördenverbindlich.  
 Die  Frage,  ob  inventarisierte  
 Objekte  auch  für  den  Grundeigentümer  
 verbindlich  unter  
 Schutz  gestellt  werden,  wird  
 erst  in  einem  späteren  Zeitpunkt  
 entschieden, bspw.  bei  
 Vorliegen  eines  Baugesuchs.  
 Ziel  dieses  zweistufigen  Verfahrens  
 ist  die  Entlastung  von  
 Gemeinden vor einer Einspracheflut  
 gegen verbindliche Unterschutzstellungen. 
   Da  indes  
 über  die  Unterschutzstellung  
 spätestens  im  Rahmen  des  
 Baubewilligungsverfahrens befunden  
 werden muss, besteht  
 für  die  betroffene  Bauherrschaft  
 die  Gefahr  von  erheblichen  
 zusätzlichen  Bauverzögerungen. 
 D. Verfahren und Vollzug  
 (Art. 131 – 162) 
 Das neue Gesetz enthält nicht  
 mehr  eine  beispielhafte  Aufzählung  
 baubewilligungspflichtiger  
 Bauten und Anlagen, sondern  
 eine nicht abschliessende  
 Liste der Vorhaben, die keiner  
 Bewilligung bedürfen.  
 Ausserdem  erfährt  das  Baubewilligungsverfahren  
 einige  
 Änderungen. So kann die Bauherrschaft  
 neu  Teilentscheide  
 über  wichtige  Bau-  und  Nutzungsfragen  
 verlangen,  die  
 selbständig  anfechtbar  sind.  
 Ferner muss die Bauherrschaft  
 die Visiere nicht mehr vor Einreichung  
 des Baugesuchs aufstellen, 
   sondern  vor  Beginn  
 des Auflageverfahrens. 
 Im  Rahmen  des  Einspracheverfahrens  
 können  nach  wie  
 vor sowohl öffentlich- als auch  
 privatrechtliche  Einsprachegründe  
 geltend gemacht werden. 
  Die Einsprachefrist wurde  
 bei 14 Tagen belassen. Neu ist  
 hingegen, dass nur noch eine  
 einmalige Nachfrist für Antragstellung  
 und  Begründung  angesetzt  
 werden kann. 
 E. Übergangsbestimmungen 
 Wie  bereits  eingangs  erwähnt  
 wurde,  entfaltet  das  neue  
 PBG  im  heutigen  Zeitpunkt  
 erst  teilweise  Wirkung.  Direkt  
 anwendbar  sind  die  meisten  
 Bestimmungen  über  die  
 Raumplanung (ausser die Bestimmungen  
 über  die  neuen  
 Zonenarten),  über  den  Natur 
   und  Heimatschutz  sowie  
 über  das  Verfahren  und  den  
 Vollzug.  Der  Umsetzung  im  
 kommunalen Recht und damit  
 einer Anpassung der entsprechenden  
 Zonenpläne und Baureglemente  
 bedürfen hingegen  
 zahlreiche Nutzungs- und Bauvorschriften. 
  Das Baudepartement  
 hat  im  Kreisschreiben  
 vom  8.  März  2017  die  Übergangsbestimmungen  
 erläutert  
 und eine Liste der direkt bzw.  
 nicht  unmittelbar  anwendbaren  
 Bestimmungen  publiziert  
 (abrufbar  unter:  https://www. 
 sg.ch/home/bauen__raum___ 
 lic. iur. Jörg Frei 
 Fachanwalt SAV Bau-   
 und Immobilienrecht 
 Rechtsanwalt und Notar 
 St. Gallen 
 umwelt/planungs--und-baugesetz. 
 html). 
 Den  Gemeinden  bleibt  eine  
 Frist  von  10  Jahren  zur  Anpassung  
 ihrer  Zonenpläne  
 und  Baureglemente.  Sondernutzungspläne, 
   welche  nach  
 altem  Recht  erlassen  worden  
 sind, bleiben indes bestehen. 
 Fazit 
 Das  neue  st. gallische  PBG  
 hat meines Erachtens die Zielsetzungen, 
   Instrumente  zur  
 Durchsetzung des haushälterischen  
 Umgangs mit Boden zu  
 schaffen und die Bauvorschriften  
 zu liberalisieren,  
 erfüllt.  Baugesuche  
 werden jedoch noch  
 jahrelang  nach  altem  
 Recht beurteilt.  
 Dieser Umstand und  
 die  zunehmenden  
 Verdichtungstendenzen  
 lassen  erwarten, 
   dass  auch  
 unter  dem  Regime  
 des neuen Gesetzes  
 baurechtliche  Streitigkeiten  
 Anwälte,  Behörden  und  Gerichte  
 beschäftigen werden.  
 » und eine Ausnützungsziffer  
 festzulegen.