
4
RECHT & PRIVAT
2-2018 mandat
Abs. 2 SSV; 23 VRV). Lässt sich
eine Gefahr für die Verkehrssicherheit
nicht umgehend beseitigen
(z. B. bei Fahrzeugpannen
oder herabgefallener
Ladung), muss sofort die Polizei
benachrichtigt werden (Art.
54 Abs. 2 VRV).2
C. Besondere Verhaltenspflichten
bei
Personenschäden
Wurden durch das Unfallereignis
Personen verletzt, sind alle
am Unfall Beteiligten zur Hilfeleistung
gegenüber den Verletzten,
zur Benachrichtigung
der Polizei und zur Mitwirkung
bei der Sachverhaltsfeststellung
verpflichtet (Art. 51 Abs.
2 SVG, 55 Abs. 1 und 2 VRV).
1. Pflicht zur Hilfeleistung
Für die Hilfeleistungspflicht
kommt es nicht auf die Schwere
der Verletzung an; sie kommt
bereits bei kleinen Schürfungen
und Prellungen zum Tragen.3
Zur Hilfeleistung sind auch am
Unfall unbeteiligte Dritte verpflichtet
(Art. 51 Abs. 2 i.V.m.
55 Abs. 3 SVG). Entsprechend
ihren Fähigkeiten haben Unfallbeteiligte
und unbeteiligte
Dritte die ihnen zumutbaren
(lebensrettenden) Sofortmassnahmen
zu treffen.
Dazu gehören insbesondere
die Bergung
von Verletzten
aus dem Gefahrenbereich,
das Leisten
von Erster Hilfe und
die Benachrichtigung
der Sanität. Die Hilfeleistungspflichtigen
haben ihre
Hilfe auch bei weniger schweren
Verletzungen anzubieten
und sie sind erst dann von ihren
Pflichten befreit, wenn ein
Verletzter die Hilfe überlegt,
ernsthaft und endgültig ablehnt.
Zur Hilfeleistungspflicht
gehört auch der Transport von
Unfallopfern in ein Spital oder
zu einem Arzt (vgl. Art. 55 Abs.
3 VRV).4
2. Pflicht zur Benachrichtigung
der Polizei
Bei Personenschäden sind
die Beteiligten zwingend verpflichtet,
zur Feststellung des
Unfallhergangs sofort die Polizei
zu benachrichtigen (Art.
51 Abs. 2 Satz 2 SVG und 55
Abs. 1 VRV). Von einem Beizug
der Polizei kann nur dann
abgesehen werden, wenn sich
die Verletzungen auf kleine
Schürfungen oder Prellungen
beschränken und die geschädigte
Person nicht auf eine
Benachrichtigung der Polizei
besteht (Art. 55 Abs. 2 Satz
1; 56 Abs. 1bis und 2 VRV).
In diesem Fall hat die schädigende
Person der verletzten
Person Namen und Adresse
anzugeben und sich nachträglich
bei der Polizei zu melden,
sollten die Verletzungen
des Opfers doch über kleine
Schürfungen oder Prellungen
hinausgehen (Art. 55 Abs. 2
Satz 1; 56 Abs. 4 VRV). Ein
Beizug der Polizei kann auch
dann unterbleiben, wenn ausschliesslich
die fahrzeugführende
Person, ihre Angehörigen
oder Familiengenossen
geringfügig verletzt wurden
und keine Drittpersonen am
Unfall beteiligt sind (Art. 55
Abs. 2 Satz 2 VRV).5
3. Verbot der Veränderung
der Unfallstelle
Soweit ein Beizug der Polizei
erfolgt, gilt das Verbot der Veränderung
der Unfallstelle und
die Markierungspflicht. Die
Lage an der Unfallstelle darf
bis zum Eintreffen der Polizei
nicht verändert werden. Sind
Veränderungen zum Schutz
von verletzten Personen oder
zur Sicherung des Verkehrs
notwendig, soll die ursprüngliche
Lage vorher auf der Strasse
aufgezeichnet werden (Art.
56 Abs. 1 VRV).
4. Pflicht zum Verbleib auf
der Unfallstelle und zur
Mitwirkung bei der Sachverhaltsfeststellung
Bei meldepflichtigen Verkehrsunfällen
mit Personenschäden
sind die Unfallbeteiligten
überdies verpflichtet, bei der
Feststellung des Tatbestandes
durch die Polizei mitzuwirken.
Ohne Zustimmung der Polizei
dürfen sie die Unfallstelle nur
verlassen, soweit sie selbst
Hilfe benötigen, oder um Hilfe
oder die Polizei herbeizurufen
(Art. 51 Abs. 2 SVG). Am Unfall
nicht beteiligte, hilfeleistungspflichtige
Dritte sind nicht zum
Verbleib auf der Unfallstelle
und zur Mitwirkung bei der
Sachverhaltsfeststellung verpflichtet.
6
Auch die unfallverursachende
Person, die in einem späteren
Strafverfahren als Beschuldigte
infrage kommt, ist zum
Verbleib auf der Unfallstelle
verpflichtet.7 Allerdings dürfen
die einer möglichen strafrechtlichen
Verfolgung ausgesetzten
Unfallverursacher aufgrund
des Verbotes des Selbstbelastungszwanges
nicht zur Aussage
gezwungen werden. Sie
können von der Polizei lediglich
aufgefordert werden, Angaben
zum Unfallhergang zu machen,
dürfen im Falle der Aussageverweigerung
aber nicht bestraft
werden. Auf Verlangen
haben sie ihre Personalien anzugeben
und Ausweispapiere
vorzulegen (vgl. Art. 215 Abs.
2 lit. a und b StPO).
D. Besondere Verhaltenspflichten
bei
Sachschäden
Bei einem Unfall mit blossem
Sachschaden ist die schädigende
Person verpflichtet,
sofort die geschädigte Person
zu benachrichtigen und ihr Namen
und Adresse anzugeben.
Wenn dies nicht möglich ist,
hat sie unverzüglich die Polizei
zu verständigen (Art. 51
Abs. 3 SVG). Die Melde- und
Benachrichtigungspflicht obliegt
ausschliesslich der schädigenden
Person und besteht
unabhängig von der Höhe des
Für die Hilfeleistungspflicht
kommt es nicht
auf die Schwere der
Verletzung an.
² vgl. BGE 126 IV 53 E. 2a zum Sinn
und Zweck der Meldepflicht gemäss
Art. 54 Abs. 2 VRV.
³ BGE 122 IV 356 E. 3b; 95 IV 150
E. 1.
4 BSK SVG-UNSELD, Basel 2014,
Art. 51 N 61 ff.
5 BSK SVG-UNSELD, a.a.O.,
Art. 51 N 67 f.
6 BSK SVG-UNSELD, a.a.O.,
Art. 51 N 72 f.
7 BGE 131 IV 36 E. 3.2 ff.; 124 IV 175
E. 4a.