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RECHT & PRIVAT
2-2018 mandat
Schadens. Sie entfällt lediglich
dann, wenn ein Sachschaden
zweifelsfrei ausgeschlossen
werden kann.8
1. Pflicht zur Benachrichtigung
der geschädigten
Person
Die schädigende Person hat
die geschädigte Person bei
Unfällen ohne deren (direkte)
Beteiligung sofort zuverlässig
und vollständig über den Unfall
sowie Art und Umfang des
entstandenen Schadens in
Kenntnis zu setzen und ihr Namen
und Adresse mitzuteilen.9
Sie hat sicherzustellen, dass
die geschädigte Person vom
Inhalt der Nachricht Kenntnis
erhält. Die Hinterlegung einer
Visitenkarte oder das Anbringen
einer Notiz unter Angabe
von Namen, Adresse und Telefonnummer
am beschädigten
Fahrzeug oder dem Briefkasten
der geschädigten Person
genügen nicht.10
2. Pflicht zur Benachrichtigung
der Polizei
Die schädigende Person muss
die Polizei verständigen, wenn
keine Möglichkeit besteht, die
geschädigte Person sofort
über den Unfall in Kenntnis zu
setzen (Art. 51 Abs. 3 SVG).
Die Verständigung der Polizei
hat wie die Benachrichtigung
der geschädigten Person unverzüglich,
zuverlässig, vollständig
und grundsätzlich persönlich
zu erfolgen.11
Die Benachrichtigung der Polizei
zur Feststellung des Sachverhaltes
bei reinen Sachschäden
ist nicht zwingend, wenn
die geschädigte Person beim
Unfall anwesend war. Die geschädigte
Person kann aber
selbst dann auf den Beizug
der Polizei bestehen, wenn die
schädigende Person ihre alleinige
Schuld anerkannt hat (Art.
56 Abs. 2 VRV).12 Auch andere
Beteiligte, die als Haftpflichtige
infrage kommen, können eine
Tatbestandsaufnahme durch
die Polizei beantragen (Art. 56
Abs. 1bis VRV).
3. Pflicht zum Verbleib auf
der Unfallstelle und zur
Mitwirkung bei der Sachverhaltsfeststellung,
Verbot der
Veränderung der Unfallstelle
Zieht eine beteiligte Person bei
Unfällen mit Sachschäden die
Polizei hinzu, sind sowohl die
geschädigte Person als auch
alle übrigen am Unfall beteiligten
Personen so lange zur Mitwirkung
bei der Sachverhaltsfeststellung
verpflichtet, bis sie
von der Polizei entlassen werden
(Art. 56 Abs. 2 VRV). Ein
Verbot der Veränderung der
Unfallstelle besteht auch bei
blossen Sachschäden, wenn
die geschädigte Person auf
die Nichtveränderung und den
Beizug der Polizei besteht.13
4. Pflichten bei Unfällen mit
Tieren
Die fahrzeugführende Person,
die ein Tier anfährt und dieses
verletzt, muss sofort anhalten
und falls erforderlich für die
Sicherung des Verkehrs sorgen
(Art. 51 Abs. 1 SVG).14
Bei Heim- oder Nutztieren
(Hunde, Katzen, Kühe, Schafe
etc.) muss sie zudem sofort
den Eigentümer des verletzten
Tieres oder, wenn dieser
nicht bekannt ist, die Polizei
kontaktieren (Meldepflicht;
Art. 51 Abs. 3 SVG). Bei wildlebenden
Tieren, die rechtlich
als herrenlose Sachen gelten
und an denen kein Eigentum
besteht (vgl. Art. 664 Abs. 3
ZGB), bietet die Polizei nach
ihrer Verständigung i.d.R. den
Wildhüter oder Jagdaufseher
des betroffenen Jagdreviers
auf (vgl. Art. 62bis JG SG zur
Gebührenpflicht). Bei kleinen
Wildtieren wie Vögel oder Amphibien,
die durch die Kollision
sofort tot sind, besteht keine
Pflicht zur Benachrichtigung
der Polizei.15 Eine gesetzliche
Hilfeleistungspflicht gegenüber
dem verletzten Tier existiert
nicht. Bei Wildtieren wird
davon abgeraten, sich dem
verletzten Tier anzunähern
oder es zu berühren.16 Unterlässt
es die fahrzeugführende
Person allerdings, sofort die
Polizei über den Unfall sowie
die Verletzungen des Tieres
in Kenntnis zu setzen und erleidet
das Tier dadurch einen
qualvollen Tod, macht sie sich
der Tierquälerei nach Art. 26
TSchG strafbar.
E. Folgen bei Verletzung
der Verhaltenspflichten
1. Strafrechtliche Konsequenzen
Wer bei einem Verkehrsunfall
die ihm obliegenden Verhaltenspflichten
verletzt,
wird mit Busse
bestraft (Art. 92
Abs. 1 SVG). Die
Fahrerflucht bei Verkehrsunfällen,
bei
denen ein Mensch
verletzt oder getötet
wird, wird mit
Freiheitsstrafe bis
zu drei Jahren oder
Geldstrafe bestraft
(Art. 92 Abs. 2 SVG).
Bei einem Unfall mit blossem
Sachschaden ist die
schädigende
Person verpflichtet,
sofort die geschädigte
Person zu benachrichtigen
und ihr Namen
und Adresse anzugeben.
lic. iur. Armin Eugster
Rechtsanwalt und
öffentlicher Notar
St.Gallen
8 BGE 126 IV 53 E. 2a-c; 91 IV 22
E. 1.
9 BGE 91 IV 22 E. 1 und 2.
10 BGE 91 IV 22 E. 2; BGer
6B_479/2007 vom 15. Februar 2008
E. 5.2.
11 BSK SVG-UNSELD, a.a.O., Art. 51
N 83.
12 BGE 131 IV 36 E. 3.4.1.
13 BGE 105 IV 60 E. 2b und 3; BGer
6B_821/2014 vom 2. April 2015
E. 3.2.3.
14 BGer 6B_677/2011 vom 5. Dezember
2011 E. 4.
15 BSK SVG-UNSELD, a.a.O., Art. 51
N 90.
16 vgl. Merkblatt «Verkehrsunfälle mit
Tieren» des Schweizer Tierschutzes
(STS), S. 4.