
16 RECHT & UNTERNEHMUNG
B. OR-Gesetzesrevision
Inhaberaktien sind seit dem
1. November 2019 nur noch
erlaubt, wenn die Gesellschaft
ihre Beteiligungspapiere an der
Börse kotiert oder die Inhaberaktien
als Bucheffekten im Sinne
des Bucheffektengesetzes
vom 3. Oktober 2008 (BEG)
ausgestaltet hat (Art. 622 Abs.
1bis OR). Letztere müssen bei
einer von der Gesellschaft bezeichneten
Verwahrungsstelle
in der Schweiz hinterlegt oder
im Hauptregister eingetragen
sein.4 Neu gegründete Gesellschaften
können seither
nur noch mit Namenaktien im
Handelsregister eingetragen
werden. Das Verbot betrifft
auch bestehende Gesellschaften,
die bei Kapitalerhöhungen
seither keine neuen Inhaberaktien
mehr ausgeben können.
Ferner wurde mit den neuen
Regelungen ein Verfahren zur
Identifikation von Aktionären in
Kraft gesetzt, welche die Meldepflicht
gegenüber der Gesellschaft
nach dem bisherigen
Recht nicht erfüllt haben.
Nebst neuen Strafbestimmungen
in Fällen der Nichtmeldung
der an den Anteilen wirtschaftlich
berechtigten Personen sowie
bei Verletzung der gesellschaftsrechtlichen
Pflichten zur
Führung von Verzeichnissen
(Art. 327 und 327a Strafgesetzbuch
StGB), wurde auch
die Meldepflicht bezüglich der
an Anteilen wirtschaftlich berechtigten
Personen präzisiert
(Art. 697j und 790a OR 5). Gegen
Gesellschaften, welche
ihre Bücher nicht vorschriftsgemäss
führen oder welche
Inhaberaktien geschaffen haben,
ohne das neue Recht zu
berücksichtigen, kann neu ein
Verfahren wegen Organisationsmängel
eingeleitet werden.
I. Handlungsbedarf
Gesellschaft: Umwandlung
Anteile
Gesellschaften mit Inhaberaktien
müssen beim Handelsregisteramt
innerhalb von 18 Monaten
ab Inkrafttreten des Global
Forum-Gesetzes, d.h. bis zum
30. April 2021, eine Eintragung
nach Art. 622 Abs. 2bis OR verlangen
(Art. 2 der Übergangsbestimmungen
zur Änderung
vom 21. Juni 2019 UeB).6
Verlangt eine Gesellschaft bis
zum 30. April 2021 eine Eintragung,
treten am 1. Mai 2021
keine Rechtsfolgen wegen
Verstoss gegen das Verbot des
Haltens von Inhaberaktien ein.
Dies gilt auch dann, wenn das
Handelsregisteramt die Eintragung
i.S.v. Art. 622 Abs. 2bis OR
abweist (unter Vorbehalt des
Rechtsmissbrauchsverbots).
Hat eine Gesellschaft Beteiligungspapiere
an der Börse
kotiert oder Inhaberaktien als
Bucheffekten ausgestaltet und
möchte sie diese behalten, so
hat die Gesellschaft den Ausnahmetatbestand
i.S.v. Art.
622 1bis OR bis zum 30. April
2021 dem Handelsregisteramt
ebenso zu melden. Nach Prüfung
der eingereichten Belege
der Gesellschaft trägt das Handelsregisteramt
den Ausnahmefall
bei der Gesellschaft in
der Rubrik «Bemerkungen» ein.
Erfolgt keine Meldung, werden
auch solche Inhaberaktien
von Gesetzes wegen in
Namenaktien umgewandelt.7
Die Anpassung der Handelsregistereinträge
erfolgt ab dem
1. Mai 2021 von Amtes wegen
(Zwangsumwandlung; vgl.
nachfolgend Ziffer 3).8
1. Statutenänderung
Im Zentrum der Umwandlung
der Inhaberaktien in Namenaktien
steht die Statutenänderung:
Gesellschaften, welche
Inhaberaktien ausgegeben
haben und keinen Ausnahmetatbestand
gemäss Art.
622 Abs. 1bis OR erfüllen,
müssen die Bestimmungen
über das Aktienkapital und allfällige
weitere Statutenbestimmungen
(via Generalversammlung)
anpassen. Der Beschluss
zur Änderung der Statuten ist
öffentlich zu beurkunden und
die Änderung in das Handelsregister
einzutragen (Art. 647
OR). Nach Anmeldung beim
Handelsregisteramt erfolgt eine
Veröffentlichung der Mutation
im Schweizerischen Handelsblattamt
(SHAB).
2. Aktienbuch
Nach der Umwandlung der Inhaber
in Namenaktien werden
die Inhaberaktionäre, welche
ihrer Meldepflicht nachgekommen
sind, durch die Gesellschaft
in das Aktienbuch
eingetragen. Gibt es ehemalige
Inhaberaktionäre, die ihrer
Meldepflicht nicht nachgekommen
sind, vermerkt der Verwaltungsrat
im Aktienbuch bei den
Nummern der Aktien, dass die
mit den Aktien verbundenen
Rechte nicht ausgeübt werden
können.9 Der Verwaltungsrat ist
dafür verantwortlich, dass kein
Aktionär, welcher seine Meldepflichten
verletzt hat, die bisherigen
Rechte ausüben kann
(Art. 6 UeB).
Fehlen der Gesellschaft Informationen
zu einzelnen Inhaberaktionären,
hat der Verwaltungsrat
die Inhaberaktionäre
aufzufordern, sich bei der Gesellschaft
zu melden (Art. 697i
OR, Art. 4 Abs. 2 UeB). Sind
Inhaberaktionäre weder im
Verzeichnis der Inhaberaktionäre
noch im Verzeichnis über
die wirtschaftlich berechtigten
Personen gelistet, hat der Verwaltungsrat
durch die statutarisch
vorgesehene Form und
im SHAB eine Aufforderung
zur Meldung zu veröffentlichen.
Der Verwaltungsrat hat zu prüfen,
ob das bestehende Aktienbuch,
resp. das Verzeichnis
2-2020 mandat
4 Das anwendbare Börsenrecht
bestimmt, was unter Beteiligungsrechten
zu verstehen ist (vgl. auch
Vischer Markus/Galli Dario, Erste
Annäherung an das Global Forum-
Gesetz, in: AJP 2019, S. 1292 f.).
5 Mit Art. 790a OR besteht im GmbHRecht
eine analoge Bestimmung zu
Art. 697j OR. Die in diesem Zusammenhang
gemachten Ausführungen
zu den Aktiengesellschaften, gelten
deshalb analog auch für das GmbHRecht.
6 Die Eintragung in das Handelsregister
muss nicht innert dieser Frist
erfolgen (vgl. auch Vischer/Galli (Fn
4), S. 1295.
7 Ceresola Sergio, Abschaffung der Inhaberaktien:
Worauf ist zu achten?,
in: EF 3/20, S. 89.
8 Art. 4 Abs. 1 UeB.
9 Ceresola (Fn 7), S. 89.