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RECHT & PRIVAT
2-2020 mandat
tronischen Ausfertigung einer
Urschrift in Papierform 10 nicht
bemerkte, dass auf einer Seite
die zwei untersten Zeilen nicht
erfasst worden sind.11
Vor ein paar Jahren wurde
zudem entdeckt, dass Xerox-
Scankopierer die im gescannten
Papierdokument enthaltenen
Zahlen veränderten.12
Liegt das Ursprungsdokument
in digitaler Form vor, kommen
zudem weitere Punkte hinzu.
So sehen bspw. mit Microsoft
Word erstellte Dokumente je
nach der zur Anzeige des Dokuments
verwendeten Software
anders aus. Muss die Urkundsperson
also erwähnen,
welches Programm in welcher
Version sie für den Ausdruck
oder die Umwandlung verwendet
hat? Sind ferner gewisse
Metadaten wie z.B. das
Datum der letzten Änderung
des Ursprungsdokuments
festzuhalten? Nicht zuletzt wird
die Urkundsperson gefordert,
wenn sie eine im Ursprungsdokument
enthaltene elektronische
Signatur beglaubigen
soll13 (vgl. dazu Art. 14 Abs. 2
EÖBV).14 All diese Punkte sind
letztlich bei der Formulierung
des Verbals zu berücksichtigen.
15
Auf Seiten einer Urkundsperson,
die elektronische Beglaubigungen
erstellen will, sind
nach dem Gesagten einige
technische und vor allem auch
gedankliche Umstellungen erforderlich.
Bereits aus diesem
Fabian Mörtl
Dr. iur., Rechtsanwalt und
öffentlicher Notar, St.Gallen
Grund werden sich einige überlegen,
ob sie diesen Schritt gehen
wollen. Nicht förderlich ist
bei dieser Abwägung sicherlich,
dass die für den Eintrag ins
UPReg erforderliche Suisse-
ID heute nicht mehr erhältlich
und, falls sie bereits erworben
wurden, längstens bis zum
15. Dezember 2021 gültig ist,
jedoch noch kein Nachfolger
feststeht.
Ein grosser Schritt im
Bereich der Digitalisierung?
Die eben geschilderten Möglichkeiten
der elektronischen
Beglaubigung sind für sich
genommen positiv zu beurteilen.
Ihre Einführung ist ein
weiterer Schritt in die Richtung
zunehmender Digitalisierung.
In einer Gesamtbetrachtung
bleiben sie allerdings hinter
dem zurück, was man sich
als Urkundsperson wünschen
würde. Namentlich in zwei
weiteren Bereichen wären Entwicklungen
erforderlich.
So ist es mit der Erstellung
elektronischer Dokumente alleine
nicht getan. Denn diese
können nur via eine zertifizierte
Zustellplattform wie Inca-
Mail oder PrivaSphere an die
zuständige Behörde übermittelt
werden. Bei diesen Plattformen
besteht aber noch
erheblicher Verbesserungsbedarf.
So beträgt etwa die maximale
Dateigrösse, die das
12 Näheres dazu unter <http://www.
dkriesel.com/blog/2013/0802_xerox
workcentres_are_switching_written_
numbers_when_scanning>.
13 Auch eine qualifizierte elektronische
Signatur, für deren Erhalt sich die
betroffene Person bereits gegenüber
dem Anbieter des Zertifizierungsdienstes
identifizieren musste,
scheint die Urkundsperson nicht davon
zu befreien, die Identität erneut
zu prüfen.
14 Eingehend zu den Herausforderungen
für Urkundspersonen
SCHREIBER, Praktische Fragen
des Notariats, in: Schweizerischer
Notarenverband Hrsg., Wabern/
Bern 2020, S. 112 ff., die in diesem
Zusammenhang auch zurecht
schreibt, dass «Augen und Ohren
... keine Validatoren» mehr sind
(S. 118).
15 Hier gibt es erfreulicherweise bereits
diverse Musterverbale, an denen
man sich orientieren kann, z.B.
die vom Kantonsgericht Schwyz
veröffentlichten Musterverbale für
die Urkundspersonen des Kantons
Schwyz (abrufbar unter <https://
www.kgsz.ch/fileadmin/dateien/
pdf/17.05.17.Verbale.pdf>) oder
STECK/SCHREIBER/MERZ,
Elektronische Verbale (abrufbar
unter <https://www.bernernotar.
ch/file/PDF/Dienstleistungen/
ElektronischeVerbale_d_2018.pdf>).
16 Dies ist auch unter den besonderen
COVID-Regelungen der Fall. Zwar
wurde die Teilnahme an Versammlungen
einer Gesellschaft per Video
ermöglicht (Art. 27 Covid-19-Verordnung
3), doch ist noch immer
die Durchführung einer Restversammlung,
der auch die Urkundsperson
Handelsregisteramt St. Gallen
in seinem Onlineschalter zulässt,
lediglich 5 MB, mithin ein
Wert, der je nach Umfang des
Dokuments und Scanqualität
schnell erreicht ist.
Zudem hat die elektronische
Beglaubigung (und Beurkundung)
nicht zur Folge, dass
die heute bestehenden technologischen
Möglichkeiten
wie insbesondere die Videotelefonie
sinnvoll genutzt werden
können. Die Urkundsperson ist
weiterhin nicht davon befreit,
bei einem Vorgang persönlich
anwesend zu sein,16 und sind
auch Fernbeglaubigungen weiterhin
zumindest umstritten.
Erleichterungen in diesen beiden
Bereichen könnten aber
einiges vereinfachen, gerade
auch zu Pandemiezeiten.
persönlich beiwohnen muss,
zwingend (s. die FAQ des Bundesamts
für Justiz zu Coronavirus
und Generalversammlungen unter
<https://www.bj.admin.ch/dam/
data/ejpd/aktuell/news/2020/2020-
03-06/faq-gv-d.pdf> (Frage 3).