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RECHT & UNTERNEHMUNG
2-2020 mandat
nahmen, die vom Verwaltungsrat
bereits beschlossen und eingeleitet
wurden, muss die GV informiert
werden.
Soweit in derartigen Situationen
eine mangelnde Liquidität
das Hauptproblem darstellt,
ist die Erstellung eines Liquiditätsplans,
der die geplanten
zukünftigen Ein- und Ausgaben
darstellt, angezeigt. Zentral ist
die Sicherstellung der Zahlungsbereitschaft
des Unternehmens,
wobei betreffend die Haftung
des Verwaltungsrates das Augenmerk
auf die Zahlung der
Sozialversicherungsbeiträge, für
welche der Verwaltungsrat persönlich
und solidarisch mit dem
Privatvermögen haftet, gelegt
werden sollte.
Überschuldung
Decken die vorhandenen Aktiven
das Fremdkapital nicht
mehr, liegt eine Überschuldung
vor.
Auch in einem solchen Fall ist ein
umgehendes Handeln unabdingbar:
Der Verwaltungsrat hat eine
Bilanz zu Fortführungs- und zu
Liquidationswerten zu erstellen
und diese von einem
zugelassenen Revisor
prüfen zu lassen.
Zeigen beide Bilanzen
eine Überschuldung,
hat der VR gemäss
Art. 725 Abs. 2 OR
das Gericht zu benachrichtigen.
Es gibt aber einen
Ausweg: Die Benachrichtigung
kann
unterbleiben, wenn
Gläubiger mit ihren
Forderungen mindestens
in der Höhe der festgestellten
Überschuldung hinter die
anderen Gläubiger zurücktreten.
Der sogenannte Rangrücktritt
behebt zwar nicht die Überschuldung,
sondern entbindet
den Verwaltungsrat lediglich von
der Benachrichtigung des Gerichts.
Dabei ist ein Rangrücktritt
nur dann gültig, wenn er unbedingt
und zeitlich unbeschränkt
eingeräumt wurde und die Bonität
des Rangrücktrittgebers gegeben
ist. Das Unternehmen hat
etwas Zeit gewonnen. Wie kann
das Unternehmen nun saniert
werden, um finanziell wieder auf
die Beine zu kommen?
Der Erfolg einer Sanierung hängt
in erster Linie von der langfristigen
Überlebensfähigkeit des
Geschäfts ab. Nur in einem solchen
Fall macht es Sinn überhaupt
Sanierungsmassnahmen
zu ergreifen. Im optimalen Fall
erhält das Unternehmen zusätzliche
finanzielle Mittel. Dies
kann in Form von à fonds perdu
Beiträgen von Aktionären sein,
also einem Zuschuss von Kapital
in die Reserven. Ein Zufluss
von neuem Kapital kann zudem
in Form einer Kapitalerhöhung
stattfinden, allfällig nach zuvor
vorgenommener Kapitalherabsetzung.
Resultat sollte eine wiedererstarkte
Kapitalbasis sein.
Lediglich bilanztechnische Mass-
nahmen stellen eine Umwandlung
von Fremdkapital in Aktienkapital,
etwa indem ein Aktionär
sein Darlehen umwandelt, dar.
Alternativ kann eine Wertberichtigung
von Aktiven oder Passiven,
also zum Beispiel eine
Aufwertung von Liegenschaften
oder eine Auflösung von Rückstellungen,
wie auch ein Verzicht
eines Fremdkapitalgebers auf
einen Teil seines Guthabens Erleichterung
bringen. Auch diese
Massnahmen sind von der Führung
des Unternehmens eng
zu begleiten, nachdem diese
Massnahmen einerseits nur verbunden
mit Veränderungen im
operativen Bereich Wirkung entfalten
und dies andererseits oft
erst mit zeitlicher Verzögerung.
Besteht trotz eingeleiteter Massnahmen
keine Aussicht auf Beseitigung
der Überschuldung,
muss das Gericht benachrichtigt
werden. Dies hat nach geltender
Praxis innert 60 Tagen ab Kenntnis
der offensichtlichen Überschuldung
zu geschehen. Die
Überschuldungsanzeige liegt in
der Verantwortung des VR und
setzt einen Verwaltungsratsbeschluss
voraus. Das entsprechende
Protokoll ist zusammen
mit der geprüften Zwischenbilanz
dem Gericht einzureichen.
Rücktritt VR | Forderungen
von Nahestehenden
Abzuraten ist vom Versuch, als
Verwaltungsrat das Schiff mittels
sofortigen Rücktritts kurz
vor dem Sinken zu verlassen,
sich in der Folge unverzüglich
aus dem Handelsregister löschen
zu lassen, in der Annahme,
man könnte sich auf diese
Weise der Verantwortung entziehen.
Ein VR-Mitglied bleibt
für alle Vorkommnisse vor dem
Rücktritt verantwortlich und hat
bei einem Rücktritt keinen Einfluss
mehr auf das fristgerechte
Ergreifen von nötigen Massnahmen.
Zudem kann eine Haftung
infolge Rücktritts zur Unzeit entstehen.
Für Aktionäre oder verbundene
Personen und Gesellschaften
scheint es allfällig verlockend,
sich kurz vor der Benachrichtigung
des Gerichts – mit dem
letzten Geld des Unternehmens
– ein Guthaben zurückzubezahlen.
Derartige Rückzahlungen
sind nach einer Konkurseröffnung
anfechtbar und können
die Einleitung eines Strafverfahrens
wegen Gläubigerbevorzugung
nach sich ziehen.
Aktueller Exkurs: Verordnung
über insolvenzrechtliche
Massnahmen zur Bewältigung
der Corona-Krise
(COVID-19-Verordnung Insolvenzrecht)
Der Bundesrat hat am Freitag,
16. April 2020, eine Verordnung
zum Schutz von Unternehmen
vor einem drohenden Konkurs,
die allein aufgrund der Coronakrise
in Liquiditätsschwierigkeiten
geraten sind oder noch geraten
werden, erlassen. Damit sollen
corona-bedingte Konkurse verhindert
sowie Arbeitsplätze und
Löhne gesichert werden.
Die Verordnung trat am Montag,
20. April 2020, in Kraft und gilt
für sechs Monate. Sie umfasst
drei wesentliche vorübergehende
Regelungen:
– befristete Entbindung von der
Pflicht zur Überschuldungsanzeige;
– Einführung einer befristeten
COVID-19-Stundung; sowie
Es gibt aber einen Ausweg:
Die Benachrichtigung
kann unterbleiben, wenn
Gläubiger mit ihren Forderungen
mindestens in der
Höhe der festgestellten
Überschuldung hinter die
anderen Gläubiger zurücktreten.