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RECHT & PRIVAT
Umgekehrt kann auch
ein Wunsch der Eltern
sein, das Familienhaus,
welches den Bedürfnissen
des behinderten Kindes
entsprechend gebaut
wurde, dem behinderten
Kind zu überlassen.
2-2020 mandat
dem behinderten Kind aufgrund
seiner eingeschränkten
bzw. fehlenden Urteilsfähigkeit
nicht in Betracht.
– Die fehlende Urteilsfähigkeit
führt zudem dazu, dass
das behinderte Kind sodann
über seinen eigenen Nachlass
nicht frei verfügen kann.
Aufgrund der Höchstpersönlichkeit
der öffentlichen letztwilligen
Verfügungen gilt bei
urteilsunfähigen Erblassern
zwingend die Intestaterbfolge,
sprich die gesetzlich vorgesehene
Erbfolge. Bei der
Planung ist somit auch zu
berücksichtigen, wohin das
Vermögen nach dem Versterben
des behinderten Kindes
fliesst bzw. fliessen soll.
– Zudem erhält das behinderte
Kind in der Regel Sozialversicherungsleistungen.
Bei
der Planung sind diese Leistungen
miteinzubeziehen, da
z.B. bei der Anspruchsberechtigung
von Ergänzungsleistungen
das Vermögen des
Betroffenen eine grosse Rolle
spielt.
3. Gestaltungsmöglichkeiten
und Planungsziele
Zunächst ist es wichtig, dass
sich die Eltern unter Berücksichtigung
ihrer Familien- und
Vermögenskonstellation überlegen,
welche Ziele sie mit der
Nachlassplanung verwirklichen
wollen. Oft wünschen sich die
Eltern das behinderte Kind, aufgrund
seiner oft beschränkten
Möglichkeiten selbst für sich
sorgen zu können, maximal
begünstigen zu können. Umgekehrt
kann es auch ein berechtigtes
Ziel der Eltern sein,
die gesunden Kinder maximal
zu begünstigen bzw. bestimmte
Vermögenswerte den gesunden
Kindern zu überlassen (z.B.
Unternehmen etc.). Nachfolgend
sollen einige Planungsziele,
deren Gefahren sowie einige
mögliche Gestaltungsmöglichkeiten
aufgezeigt werden.
a) Meistbegünstigung
behindertes Kind
Wollen die Eltern z.B. das behinderte
Kind wirtschaftlich
maximal begünstigen, laufen
sie Gefahr, dass dieses gar
nicht in den Genuss der Zuwendung
kommt, da aufgrund
des geerbten Vermögens allfällige
Sozialversicherungsleistungen
gekürzt werden
könnten und das Kind somit
die Kosten für seine Pflege
und Betreuung unter Einsatz
seines Vermögens zumindest
teilweise selbst tragen müsste.
Dies ist insbesondere beim
Anspruch auf Ergänzungsleistungen
der Fall. Das Vermögen
des behinderten Kindes wird
bei der Berechnung allfälliger
Ergänzungsleistungen berücksichtigt
und kann insbesondere
bei grossen Vermögen dazu
führen, dass der Anspruch verloren
geht. Für das behinderte
Kind das erbt, heisst dies, dass
sein Vermögen für Leistungen
aufgebraucht wird, welche
ohne das Erbe durch Leistungen
der Sozialversicherung
übernommen würden und das
Kind somit aus dem Erbe keine
finanziellen Vorteile ziehen
kann. Die Erbschaft ergänzt in
diesem Fall die staatlichen Leistungen
nicht, sondern substituiert
diese. Für Wünsche und
Bedürfnisse des behinderten
Kindes, welche zu Lebzeiten
von den Eltern getragen wurden,
bleibt dann oft kein Platz
mehr. Das Kind ist somit nach
dem Tod der Eltern oft finanziell
schlechter gestellt, obwohl es
geerbt hat. Diese Ungerechtigkeit
soll anhand einer frühzeitigen
Nachlassplanung so gut
wie möglich vermieden werden.
Die Meistbegünstigung
der gesunden Kinder hat somit
meistens keine verwerflichen
Gründe, sondern kann sogar
Mittel dazu sein, die Lebensqualität
des behinderten Kindes
zu verbessern.
b) Zuteilung bestimmter
Vermögenswerte
Die Eltern haben oft den
Wunsch, bestimmte Vermögenswerte
an die gesunden
Kinder oder Dritte zu übertragen.
Dies ist oft im Zusammenhang
mit Unternehmensnachfolgen
der Fall. Umgekehrt
Ivana Zeba
MLaw, Rechtsanwältin
und Notarin, St.Gallen
kann auch ein Wunsch der
Eltern sein, das Familienhaus,
welches den Bedürfnissen des
behinderten Kindes entsprechend
gebaut wurde, dem behinderten
Kind zu überlassen.
Um jedoch auch in diesem Fall
den grösstmöglichen Nutzen
für das behinderte Kind zu
ziehen, insbesondere eine allfällige
Kürzung von Sozialversicherungsleistungen
zu verhindern,
können erbrechtliche
Planungsinstrumente wie z.B.
die Nutzniessung
zugunsten des behinderten
Kindes
am Familienhaus
in Betracht gezogen
werden. Das
Familienhaus wird
an die gesunden
Nachkommen übertragen,
belastet mit
einer Nutzniessung
zugunsten des behinderten
Kindes.
Dieses kann die Liegenschaft
unbeschränkt nutzen,
der Wert der Liegenschaft
wird ihm jedoch nicht als Vermögen
angerechnet. Bei der
Übertragung von Unternehmen
oder Liegenschaften, welche
in der Regel einen grossen Teil
des gesamten Vermögens bilden,
ist die Pflichtteilsproblematik
im Auge zu behalten. Der
Pflichtteil für einen Nachkommen
beträgt in der Schweiz
drei Viertel des gesetzlichen
Erbteils (Art. 471 ZGB). Dies
dürfte sich jedoch mit der aktuellen
Erbrechtsrevision, welche
voraussichtlich 2022 in
Kraft treten soll, ändern. Die