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RECHT & PRIVAT
2-2020 mandat
deren Person, oft wohl, sofern
vorhanden, einem weiteren
Kind, zuwenden, mit der Auflage
dieses Vermögen zugunsten
des behinderten Kindes
bzw. Geschwisters zu verwenden.
Wird die freie Quote einer
Drittperson, das heisst nicht
einem Nachkommen zugewendet,
sind die steuerrechtlichen
Folgen zu berücksichtigen. Im
Kanton St.Gallen beträgt die
Erbschaftssteuer bis zu 30%,
wenn Zuwendungen an Drittpersonen
getätigt werden.
d) Enterbung des behinderten
Kindes
Aufgrund der bereits vorstehend
ausgeführten Tatsache,
dass das behinderte Kind oft
Anspruch auf Sozialversicherungsleistungen
hat, überlegen
sich manche Eltern, das
behinderte Kind zu enterben,
um den Zugriff des Staates auf
den Nachlass auszuschliessen.
Da jedoch das behinderte
Kind, wie bereits vorstehend
ausgeführt, einen Anspruch auf
seinen Pflichtteil hat, wird der-
Beistand diesen in Vertretung
des behinderten Kindes auch
geltend machen, womit eine
Enterbung in den meisten Fällen
keinen Bestand haben wird.
e) Nacherbeinsetzung
gemäss Art. 492a ZGB
Eltern behinderter Kinder, deren
Urteilsfähigkeit beschränkt
bzw. vollkommen aufgehoben
ist, sollen sich ebenfalls Überlegungen
dazu machen, an
wen das Vermögen nach dem
Tod des behinderten Kindes
gelangen soll. Das schweizerische
Erbrecht sieht in Art.
492a ZGB das Instrument der
Nacherbeinsetzung auf den
Überrest vor, mit welchem
die Eltern behinderter Kinder
verhindern können, dass das
Vermögen an eine von ihnen
ungewünschte Person fällt.
Im schweizerischen Erbrecht
herrscht nämlich die Maxime
der Höchstpersönlichkeit der
Verfügungen von Todes wegen.
Dies bedeutet, dass der Erblasser
persönlich handeln muss
und eine Vertretung in der Willensbildung
und Willenserklärung
im Rahmen der Errichtung
einer letztwilligen Verfügung
ausgeschlossen ist. Dabei wird
im Erbrecht der Nachlass eines
Kindes mit geistiger Behinderung,
dessen Urteilsfähigkeit
im Hinblick auf die Errichtung
einer letztwilligen Verfügung
dauernd aufgehoben ist, wie
bereits oben ausgeführt zwingend
nach den Regeln über die
Intestaterbfolge vererbt. Damit
das Familienvermögen nach
dem Tod des behinderten Kindes
nicht an Personen gelangt,
welche von dessen Eltern
nicht bedacht werden möchten,
können diese gemäss Art.
492a Abs. 1 ZGB, sofern das
dauernd urteilsunfähige Kind
weder Nachkommen noch
einen Ehegatten hinterlässt,
eine Nacherbeinsetzung auf
den Überrest anordnen. Damit
können die Eltern und Erblasser
z.B. sicherstellen, dass das
Vermögen in der Familie bleibt
oder dieses auch einer Person
bzw. einer Institution zuwenden,
welche sich nach oder
bereits vor dem Ableben der
Eltern um das behinderte Kind
kümmerte und dieses unter
Umständen Jahre lang pflegte.
4. Fazit /
Zusammenfassung
Es lässt sich somit grundsätzlich
festhalten, dass die Eltern
eines behinderten Kindes bei
der Nachlassplanung in erster
Linie das Ziel haben, das
Vermögen fair auf alle Kinder
zu verteilen. Wie diese faire
Verteilung verwirklicht werden
kann, hängt von der konkreten
Situation und den vorhandenen
erbrechtlichen Instrumenten
ab. In jedem Fall sollte sichergestellt
werden, dass das behinderte
Kind bestmöglich von
seinem Erbteil profitieren kann.
Die Nachlassplanung sollte
somit derart ausgestaltet werden,
dass das Nachlassvermögen
nicht für die Finanzierung
des gewöhnlichen Lebensunterhalts
des Kindes verzehrt
wird, sondern diesem die sozialversicherungsrechtlichen
Leistungen erhalten bleiben.
Das Nachlassvermögen sollte
somit dazu verwendet werden
können, besondere, nicht von
der Sozialversicherung gedeckte
Ausgaben zu finanzieren.
In jedem Fall sollten Eltern
mit behinderten Kindern ihre
Nachlassplanung schon früh
an die Hand nehmen und sich
darüber Gedanken machen,
welche Planungsziele für sie
im Vordergrund stehen. Eine
Regelung gibt Sicherheit, dass
im Todesfall alles gemäss ihren
Wünschen und Vorstellungen
abläuft und die Bedürfnisse
sowohl des behinderten Kindes
als auch der gesunden Kinder
optimal berücksichtigt werden.
Zudem haben die Eltern auch
die Möglichkeit, sicherzustellen,
dass das Vermögen nach
dem Tod des behinderten Kindes
an Personen oder Institutionen
gelangt, die die Eltern
auch begünstigen möchten.
Es lässt sich somit
grundsätzlich festhalten,
dass die Eltern eines
behinderten Kindes bei
der Nachlassplanung in
erster Linie das Ziel haben,
das Vermögen fair auf alle
Kinder zu verteilen.