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RECHT & UNTERNEHMUNG
2-2019 mandat
lic.iur. HSG Raphael Schram,
St. Gallen
Öffentlicher Notar und
Rechtsanwalt
Das bedeutet, dass die Gesellschafter
des übertragenden
Unternehmens Anteils- und
Mitgliedschaftsrechte (also
z.B. Aktien oder Stammanteile)
am übernehmenden Unternehmen
erhalten müssen. Bei
dieser Voraussetzung handelt
es sich um das Abgrenzungs-
und Unterscheidungsmerkmal
zur Vermögensübertragung 30.
Die notwendige Wahrung der
Anteils- und Mitgliedschaftsrechte
hat zur Folge, dass ein
Geschäftsbereich nicht direkt
an eine Drittperson abgespalten
werden kann, welche bisher
am Unternehmen nicht beteiligt
war.
Für die Spaltung sind ein Spaltungsplan
31 oder ein Spaltungsvertrag
32 zu erstellen, welcher
unter anderem das Inventar
mit den zu übertragenden Aktiven
und Passiven beinhalten
muss 33. Für das Inventar der
Abspaltung gelten die gleichen
Anforderungen wie für das Inventar
bei der Vermögensübertragung
34. Bereits vorgängig zur
Durchführung der Abspaltung
muss zum Schutz der Gläubiger
zwingend eine dreimalige Ankündigung
im Schweizerischen
Handelsamtsblatt erfolgen, worauf
die Gläubiger ihre Forderungen
anmelden und Sicherstellung
verlangen können 35.
Sodann müssen der Spaltungsplan
oder der Spaltungsvertrag
und ein spezieller Spaltungsbericht
36 von einer zugelassenen
Revisionsexpertin geprüft
werden, sofern nicht sämtliche
Gesellschafter eines KMU’s 37
darauf verzichten 38. Schliesslich
müssen der Spaltungsvertrag
oder der Spaltungplan den
Generalversammlungen der
beteiligten Gesellschaften zur
Beschlussfassung vorgelegt
werden, und die entsprechenden
Beschlüsse bedürfen der
öffentlichen Beurkundung durch
einen Notar 39.
Nach dem Vollzug der Abspaltung
können die Beteiligungsrechte
an der übernehmenden
Gesellschaft (z.B. Aktien oder
Stammanteile) als Share-Deal
(d.h. mit einem Verkauf der
Aktien bzw. Stammanteile) an
einen Dritten bzw. an den Erwerber
veräussert werden.
b) Rechtswirksamkeit
Sobald der Spaltungsbeschluss
vorliegt, muss das
oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan
die Spaltung zur
Eintragung in das Handelsregister
anmelden 40. Gleich wie
bei der Vermögensübertragung
wird auch die Abspaltung mit
der Eintragung im Handelsregister
rechtswirksam. In diesem
Zeitpunkt gehen alle im Inventar
aufgeführten Aktiven und
Passiven von Gesetzes wegen
auf die übernehmende Gesellschaft
über (Universalsukzession
bzw. Gesamtrechtsnachfolge)
41.
c) Vor- und Nachteile
Vorteile sind die mit der Abspaltung
verbundene Universalsukzession
des Geschäftsbereichs
sowie die Möglichkeit, dass
nach dem Vollzug der Spaltung
die Beteiligungsrechte der
übernehmenden Gesellschaft
relativ einfach mittels eines
Share-Deals 42 an den Erwerber
veräussert werden können.
Bei der Abspaltung wird das
Eigenkapital der Gesellschaft
aufgeteilt, weshalb für die neue
Gesellschaft kein Kapital einbezahlt
werden muss 43.
Nachteile einer Abspaltung
sind deren komplexe und zeitintensive
Umsetzung, die bereits
einige Monate im Voraus
durchzuführende Publikation
des Vorhabens zum Schutz
der Gläubiger, die mit dem
Handelsregistereintrag verbundene
Publizität, sowie die
zeitlich unbefristete, subsidiäre
solidarische Weiterhaftung des
Verkäufers für die im Inventar
aufgeführten Schulden 44.
Schliesslich besteht auch bei
der Spaltung die Ungewissheit,
ob auch Verträge automatisch
übergehen, ohne dass es der
Zustimmung der Gegenpartei
bedarf 45.
In der Praxis wird anstelle der
Abspaltung nach FusG häufig
eine neue Gesellschaft nach
den Bestimmungen des OR gegründet
46 und dabei die Aktiven
und Passiven des zu veräussernden
Betriebsteils als Sacheinlage47
in die zu gründende
Gesellschaft eingebracht.
4. Hinweis zum
Steuerrecht
Bei der Planung der Transaktion
sind auch die steuerrechtlichen
Folgen von grosser Bedeutung.
Die Variante Abspaltung nach
FusG mit anschliessendem
Share Deal kann steuerliche
Vorteile bringen, wenn die
Spaltung steuerneutral voll-
zogen werden kann und auch
der Share Deal keine Steuerfolgen
hat.
5. Fazit
Für den Verkauf eines Geschäftsbereichs
stehen verschiedene
Regelungstypen
zur Verfügung, welche sich in
Bezug auf die formalen und inhaltlichen
Anforderungen, aber
auch hinsichtlich der Vor- und
Nachteile stark unterscheiden.
Welche Regelungsvariante
optimal ist, muss anhand
der konkreten Verhältnisse
und Bedürfnisse im Einzelfall
abgeklärt werden. Bei dieser
Abklärung sind zivilrechtliche,
steuerrechtliche und betriebswirtschaftliche
Aspekte zu
berücksichtigen. In jedem Fall
sollte genügend Zeit für die
sorgfältige Vorbereitung und
Umsetzung der Transaktion
eingeplant werden.
30 Art. 69 Abs. 1 letzter Satz FusG.
31 Bei einer Neugründung infolge
Abspaltung.
32 Bei der Abspaltung auf eine andere,
bereits bestehende Gesellschaft.
33 Art. 37 lit. b FusG.
34 Vgl. vorne Ziffer 2.a.
35 Art. 45f. FusG.
36 Vgl. Art. 39 FusG.
37 Die Definition für kleine und mittlere
Unternehmen (KMU) findet sich in
Art. 2 lit. e FusG: Gesellschaften,
die keine Anleihensobligationen
ausstehend haben, deren Anteile
nicht an der Börse kotiert sind und
die überdies zwei der nachfolgenden
Grössen in den letzten zwei dem
Spaltungsbeschluss vorangegangenen
Geschäftsjahre überschreiten:
(1) Bilanzsumme von CHF 20 Mio.;
(2) Umsatzerlös von CHF 40 Mio.; (3)
250 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt.
38 Art. 40 i.V.m Art. 15 FusG. Falls bei
einer Abspaltung zur Neugründung
von den KMU-Erleichterungen
Gebrauch gemacht wird, so muss
anstelle des Spaltungsberichts
und des Prüfungsberichts gemäss
Handelsregisterpraxis entsprechend
den Gründungsbestimmungen ein
«Gründungsbericht» analog Art.
635 OR erstellt werden, und dieser
Bericht muss analog Art. 635a OR
von einem zugelassenen Revisor
geprüft werden.
39 Art. 43 und Art. 44 FusG.
40 Art. 51 Abs. 1 FusG.
41 Art. 52 FusG.
42 Z.B. Aktienkaufvertrag bei einer
Aktiengesellschaft.
43 Das Kapital der infolge Abspaltung
gegründeten Gesellschaft wird aus
dem Aktivenüberschuss gemäss
Inventar zu Abspaltung liberiert.
44 Art. 47 FusG
45 CHK-U. Hengartner/N. Neuhaus
FusG 37 N 9.
46 z.B. eine Aktiengesellschaft nach
Art. 620 ff. OR; vgl. Gründungsbestimmungen
zur AG in Art. 629 ff.
OR.
47 Vgl. Art. 628 OR und Art. 634 OR.