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RECHT & UNTERNEHMUNG
2-2021 mandat
Auswirkungen von
Corona-Massnahmen auf
Geschäftsmietverträge
Einleitung
Durch die staatlich angeordneten
Massnahmen zur Eindämmung
der Coronavirus-
Pandemie wurden zahlreiche
Mieter von Geschäftsräumen
dazu gezwungen, während
mehreren Monaten ihre öffentlich
zugänglichen Einrichtungen
für das Publikum zu schliessen
und ihre Leistungen einzustellen.
In der Folge verzeichneten
viele Geschäfte erhebliche Umsatzeinbrüche,
die allerdings in
unterschiedlicher Weise durch
staatliche Ausgleichszahlungen
oder Versicherungsleistungen
kompensiert wurden.
Es entbrannte eine Diskussion
über die Frage, ob Mieter von
Geschäftsräumen aufgrund
der staatlich angeordneten
Einschränkungen einen Mietzinssenkungsanspruch
geltend
machen können. In vielen Fällen
wurden einvernehmliche
Lösungen gefunden. Zwei bislang
ergangene erstinstanzliche
Urteile aus dem Kanton Zürich
stützen die am 18. Mai 2020
im Jusletter publizierte Analyse
der Autoren, die sich für die
Anwendbarkeit der clausula rebus
sic stantibus (nachfolgend
«clausula») aussprechen und
die Frage des Anspruchs auf
Anpassung des Mietzinses von
den Umständen des Einzelfalls
abhängig machen.1
Erstinstanzliche Urteile
zur kontroversen Frage
Das Bezirksgericht Zürich wies
in seinem Urteil vom 23. April
2021 das Gesuch um provisorische
Rechtsöffnung der
Vermieterin für ausstehende
Mietzinse mit der Begründung
ab, es sei naheliegend, dass
das Bundesgericht basierend
auf seiner Rechtsprechung aus
dem Jahre 1922 gestützt auf
die clausula eine Mietzinsreduktion
gewähren würde.2
Das Mietgericht Zürich äusserte
sich in seinem noch nicht
rechtskräftigen Urteil vom
2. August 2021 ausführlich zur
eingangs erläuterten Grundsatzfrage.
3 Es verpflichtete die
beklagte Mieterin zur Bezahlung
der gesamten eingeklagten
Mietzinse und verneinte
damit ihren Anspruch auf Anpassung
des Mietzinses wegen
behördlicher Einschränkungen
und Schliessungen im Zusammenhang
mit der Coronavirus-
Pandemie. Der Mietvertrag
enthielt keine besonderen Zusicherungen
seitens der Vermieterin
oder Risikotragungsklauseln
zu den Auswirkungen
pandemiebedingter Betriebsschliessungen.
In grundsätzli-
1 Vgl. SEBASTIAN REICHLE/BERNHARD
STEHLE, Coronavirus und
Geschäftsraummiete, in: Jusletter
18. Mai 2020; Der vorliegende
Beitrag beruht im Wesentlichen
auf der im erwähnten Jusletter-
Beitrag durchgeführten Analyse
der Rechtslage. Teilweise werden
Inhalte aus dem Jusletter-Beitrag
übernommen.
2 Urteil des Bezirksgerichts Zürich
EB201177-L / U vom 23. April 2021
E. 6 f.
3 Urteil des Mietgerichts Zürich
MJ210008-L (ZMP 2021 Nr. 10)
vom 2. August 2021.