
Brennpunkt – #4.0
«LERNEN IN UNTERNEHMEN BEDINGT
ENTSPRECHENDE STRUKTUREN, ZEIT
UND FREIRÄUME.»
Führen im Wandel bedeute auch Bestehendes
zu hinterfragen, meint Stoffel.
Dass das Bedürfnis des Menschen
nach Sicherheit ausgeprägter ist als
die Bereitschaft zur Veränderung,
dürfte vielen von uns aus eigener Erfahrung
bekannt sein. Wir tendieren
dazu, Vertrautes zu bewahren, und
verharren lieber im sicheren Hafen
erprobter Erfolgsrezepte, als auf risikoreicheren
Wegen Neuland zu erkunden.
«Autopilot», nennt sie Marc Stoffel,
die tief verinnerlichten, etablierten
Konzepte, Routinen und Muster, die
uns durch den Alltag navigieren. Ob
man sie wirklich grundsätzlich überdenken
muss oder gar kippen soll?
Nicht ohne sich die Fragen zu stellen:
«Lohnt sich das? Und wenn ja,
für wen?».
Gewinnt, wer wagt?
Denn unweigerlich sind von diesem
tief greifenden Transformationsprozess
auch die Mitarbeitenden betroffen.
Eine Studie des HR-Panels New
Work der Fachhochschule St.Gallen
zeigt, dass 80 Prozent der befragten
Arbeitnehmenden überzeugt sind,
dass die Digitalisierung die Arbeit
in Zukunft beeinflussen wird. Und
sie scheinen dafür bereit: Sie ziehen
Entwicklung der Routine vor. 914 Arbeitnehmende
gaben Auskunft darüber,
welche Arbeitsinhalte sie sich
vermehrt wünschen. Sie wollen unter
anderem innovieren und Neues
entwickeln, zunehmend projektbezogen
arbeiten und ihr Wissen weitergeben.
Eine wichtige Voraussetzung
für die Arbeitswelt von morgen: Denn
wenn sich Stellenbeschriebe und Aufgaben
stetig verändern, sind auch von
den Mitarbeitenden neue Kompetenzen
gefragt. So beispielsweise in den
Bereichen digitale Medien und Netzwerke,
Innovation und Kommunikation.
Veränderung erfolgt aber nicht
auf Anordnung über Nacht.
Alexandra Cloots, Co-Leiterin des
HR-Panels New Work, nimmt die
Vorgesetzten in die Pflicht: «Damit
Lernen in Unternehmen tatsächlich
stattfinden kann, braucht es entsprechende
Strukturen, Zeit und
Freiräume.» Eine offene Unternehmenskultur
soll nicht mehr nur den
Wertekatalog auf dem Papier schmücken,
sondern tatsächlich gelebt
werden, um die Lern- und Veränderungsbereitschaft
zu fördern. Mitarbeitende
und Führungskräfte sind
also gefordert, einen guten Umgang
mit dem Unumgänglichen zu finden.
Wie das gelingen soll? Gemäss Alexandra
Cloots «durch stetigen Dialog
und gemeinsame Auseinandersetzung
mit dem Wandel und möglichen Lösungen
». Für tief greifende Veränderungen
braucht es Energie, Zeit, die
erforderlichen Strukturen und Mut.
Mut, um Freiräume zu schaffen, wo
Innovation stattfinden und Fehler passieren
können. Um daraus zu lernen.
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SUBSTANZ