
Persönlich – Zu Besuch bei Ronnie Ambauen
Zwischen Architektur,
Politik und Postpunkmusik
in einer katholischen Familie. Ronnie
ist sein offizieller Name – getauft
worden sei er allerdings auf den Namen
Hieronymus. «Wovon ‹Ronnie›
nicht einmal abstammt, aber der Pfarrer
wollte mich nicht auf den Namen
‹Ronnie› taufen», sagt Ambauen, der
am Sitzungstisch sitzt, lacht.
Er trägt ein schwarzes Hemd, den
Scheitel auf der Seite, spricht leise.
«Als Jugendlicher hatte ich nicht
den konkreten Wunsch, Architekt
zu werden.» Seine Eltern arbeiteten
beide bei der Stadt, der Vater bei den
Technischen Betrieben, Ambauen
schnupperte als Elektriker, Schreiner,
Chemielaborant und Hochbauzeichner.
«Das Zeichnen hat mir am
Ende aber sehr zugesagt.» Nach der
Lehre machte Ambauen das Militär
und die Berufsmatura, 1999 begann
er mit einem Vollzeit-Architekturstudium
an der FHS. Um Geld zu verdienen,
arbeitete er nebenbei als Matrose
auf dem Bodensee. «Für das
Vollzeit-Studium hatte ich mich entschieden,
weil ich mir richtig Zeit nehmen
wollte, um mich mit der Materie
auseinanderzusetzen.
Ein Studium
machst du schliesslich ein Mal im Leben
», sagt Ambauen. Der Architektur
Lehrgang befand sich damals stark
im Wandel und wurde 2007, vier Jahre
nach Ambauens Abschluss, im Zuge
der Bologna-Reform aufgegeben. Bis
letzten Herbst: Da startete an der FHS
der neue Bachelor of Arts FHO in Architektur.
Zum Glück, wie Ambauen
sagt: «Es ist sehr wichtig, dass wieder
hier ausgebildet wird. Wir brauchen
fachlich gute Leute, die in der Region
bleiben, die hier verwurzelt sind.»
Auch die Auseinandersetzung mit der
hiesigen Baukultur sei relevant: «Wir
sind nicht Shanghai, wir sind nicht
einmal Züri. Dieser Tatsache müssen
wir uns stellen.» Ambauen sieht
seine Aufgabe als Architekt darin, einen
Beitrag zur Gesellschaft zu leisten,
eine Stadt weiterzubauen. «Gute
Architektur ist für mich nicht zu laut,
aber auf den zweiten Blick dennoch
spannend.»
Nach dem Studium arbeitete Ambauen
für Büros im Rorschacherberg,
in St.Gallen, Widnau und Berneck.
Malolo Kessler Als Kind wurde er auf einen
Namen getauft, der
gar nicht seiner war. Als Jugendlicher
wollte er die Welt nach
Rorschach holen. Heute macht
Ronnie Ambauen seit 20 Jahren
Architektur, Politik und Postpunk.
So ist der Rorschacher Bassist vermutlich
der einzige FHS-Alumnus,
der schon eine Bühne mit den «Toten
Hosen» geteilt hat.
Ein Gleitschirmpilot zieht hoch über
dem See einige Kreise. Bötchen tuckern
ins Hafenbecken, Enten schnattern.
Die Sonne steht tief, und am
Rand des Hafenbeckens ein Velofahrer,
der noch rasch ein Selfie macht.
Ein paar Schritte weiter, auf der
Hauptstrasse Rorschachs, schlängeln
sich derweil die Autos Stossstange an
Stossstange durch das Stadtzentrum.
Feierabendverkehr. Hier, zwischen
See und Trottoir und im Erdgeschoss
einer Häuserzeile, liegt das Büro von
Ronnie Ambauen. Seit acht Jahren leitet
der 41-Jährige die «Carlos Martinez
Architekten Rorschach AG».
Als Matrose auf See
Ambauen ist in Rorschach aufgewachsen,
am Rand eines Arbeiterquartiers,
«WIR SIND NICHT SHANGHAI, WIR SIND
NICHT EINMAL ZÜRI. DIESER TATSACHE
MÜSSEN WIR UNS STELLEN.»
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SUBSTANZ