
Brennpunkt – #4.0
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SUBSTANZ
technology – we want people!» (Powell
2010). Bereits Thomas Luckmann
(1980) hat in seinem Aufsatz «Über
die Grenzen der Sozialwelt» ausgeführt,
dass nicht nur lebende Menschen,
sondern auch eine Vielzahl
anderer Entitäten den Status einer
sozialen Person innehaben können.
Daher werden zukünftig künstliche
Gefährten, sogenannte «artificial companions
» wie Assistenz-Roboter, Telepräsenzroboter,
Trainingsroboter und
emotionale Roboter – mit menschlicher
und tierähnlicher Verkörperung
– mit uns existieren. Sie werden Teil
unserer Lebenswelt – auch für pflegebedürftige
Personen – und stellen somit
eine reale Fiktion dar.
Robotisierung führt nicht
zur zeitlichen Entlastung
Aber dennoch: Nur weil Roboter eine
zunehmende Vergesellschaftung erfahren,
sollten sie nicht unreflektiert
und im substitutiven Sinne in der formellen
und informellen Pflege wirken.
Denn erste Studien weisen bereits daraufhin,
dass gerade der Einsatz von
emotionalen Robotern eine intensive
Begleitung der pflegebedürftigen
Person voraussetzt und nicht zur
«zeitlichen Entlastung» der Pflegenden
führt (Baisch et al. 2018). Die Annahme,
robotische Artefakte könnten
pflegerisches Handeln ersetzen,
ist nahezu naiv. Vielmehr wird die
Robotisierung
der Pflegesituation –
ob sinnvoll oder nicht – zu einer Verkomplizierung
des Komplexen beitragen.
Denn in der Pflegesituation
ist nun ein «Dritter im Bunde» (Pfadenhauer
& Dukat 2016), der auch
(mit) handelt. Dieser Dritte vermag
vielleicht Pflegesituationen zu unterstützen,
mitzugestalten und zur lebensweltlichen
Krisenbewältigung
beizutragen – und auch nur dann,
wenn die Nutzer ein sinnhaftes Innovationspotenzial
im (zusätzlichen)
künstlichen Gefährten sehen.
Somit sollten primär die Bedürfnisse,
Interessen und Vorlieben der techniknutzenden
Personen den zentralen
Ausgangspunkt zu den Überlegungen
bilden, ob der personen- und situationszentrierte
Technik- und Robotereinsatz
in der Pflege eine mögliche
Möglichkeit darstellen könnte.
Somit bleibt auch zu fragen: Können
Maschinen zur Humanisierung der
pflegerischen Arbeitswelt beitragen?
Literatur auf Nachfrage bei den Verfassern
erhältlich.
>> *Prof. Dr. Thomas Beer
ist Dozent für Pflege und Pflegewissenschaft
und forscht im Bereich Dementia
Care.
>> *Julian Hirt, MSc
ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am
Institut
für Angewandte Pflegewissenschaft
IPW-FHS.
>> *Prof. Dr. Heidi Zeller
ist Leiterin der Fachstelle Demenz am
Institut
für Angewandte Pflegewissenschaft
IPW-FHS.