
Erkenntnis – Fanarbeit St.Gallen
suchte Kontakt zu Fanarbeitern von
anderen Clubs, reiste mit ihnen mit.
Insbesondere das erste halbe Jahr sei
herausfordernd gewesen. «Wir mussten
uns unvoreingenommen auf alle
Akteure einlassen und uns die Akzeptanz
der Fans und der Polizei
erst erarbeiten.» Dazu seien viele Gespräche
nötig gewesen. In der dreijährigen
Pilotphase
habe sich die
Fanarbeit sowohl personell als auch
in Bezug auf Projekte mehrmals neu
erfunden. «So konnten wir herausfinden,
welche
Projekte funktionieren
und welche wir überhaupt stemmen
können.» Für die Fanarbeiter persönlich
sei es die ersten Male auch
nicht einfach gewesen, bei grösseren
Ausschreitungen nahe dabei zu sein:
«Man entwickelt aber mit der Zeit einen
professionellen Umgang
mit solchen
Extremsituationen.
»
In der Sandwich-Position
Die Weiterführung der Fanarbeit auf
unbestimmte Zeit 2014 bezeichnet
Thomas Weber als «grössten Erfolg».
Vorgängig hatte das Institut für Soziale
Arbeit einen Evaluationsbericht
über
die Fanarbeit verfasst (siehe Kasten).
«Die Aussagen daraus waren für uns
extrem wertvoll und haben
gezeigt,
dass alle Akteure unsere
Arbeit schätzen
gelernt haben.
» Vor allem dieser
Goodwill ermöglichte laut Weber
letztlich, die Fanarbeit weiter zu
ERFAHREN SIE MEHR:
im Video-Essay über die Fanarbeit
auf dem Youtube-Kanal der FHS
institutionalisieren.
Die Angebote der
Fanarbeit würden heute gut genutzt.
So haben Weber und sein Team beispielsweise
unlängst im Rahmen der
persönlichen Beratung einem Fan geholfen,
eine neue Lehrstelle zu finden.
Und bei Heim- und Auswärtsspielen
kommt es laut Weber
jeweils zu mehr
als 100 Interaktionen zwischen Fanarbeit
und Fans. «Das sind meist einfache
Alltagsgespräche,
die aber auch
einen leicht beratenden Charakter haben.
» Nach wie vor gebe es schwierige,
verfahrene Situationen,
die auch den
Fanarbeitern an die Substanz gingen.
«Es gibt Fälle zwischen Fans und Polizei
oder dem Club, in denen die
Fronten extrem verhärtet sind, wo es
nur noch um Schadensbegrenzung
geht.» Die Fanarbeit sei als neutrale
Stelle in einer Sandwich-Position, der
Einflussbereich
höre irgendwo auf.
«Das auszuhalten,
ist manchmal nicht
einfach», sagt Weber.
Umso schöner
sei es zu sehen, dass die Fanarbeit
auf allen Ebenen ernst genommen
und als eigenständige Stimme wahrgenommen
werde. «Es würde sehr
viel fehlen, wenn es die Fanarbeit
nicht gäbe. Wir haben oft bewiesen,
dass wir einen
Beitrag zu einem ruhigen
Setting leisten können», sagt Weber.
«Und wir wollen das auch weiterhin
tun.» Denn zu einer Schande, wie
sie am 20. Mai 2008 im Espenmoos
passiert ist, solle es im Kybunpark nie
kommen.
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SUBSTANZ